Musikstück der Woche mit dem Chiaroscuro Quartett

Franz Schubert: „Der Tod und das Mädchen“

Stand
AUTOR/IN
Milena Domogalla

Achtung, lebensgefährlich! Dieses Streichquartett ist nichts für schwache Nerven! Wer sich's anhört, kann – wie Schubert selbst – das Unumgängliche nicht mehr abstreiten.

Als Franz Schubert an seinem Streichquartett in d-Moll arbeitet, ist das Thema Tod für ihn kein neues. Im Gegenteil: Der Tod war für ihn durch den Verlust mehrerer Geschwister und seiner Mutter sowie durch seine eigene Krankheit sehr präsent. Schubert, an Syphilis erkrankt, verspürte vielleicht bereits eine Todesahnung, die sich in diesem intensiven und eindringlichen Werk auf uns Zuhörer überträgt und auch die letzten Zweifler von der Unausweichlichkeit des Todes überzeugt.

Portrait des österreichischen Komponisten Franz Schubert, 1797-1828 (Foto: IMAGO, Imago/Leemage -)
Portrait von Franz Schubert

„Vorüber! Ach Vorüber! Geh, wilder Knochenmann!“, schreit ein Mädchen, von Todesangst gequält, in einem Gedicht von Matthias Claudius. „Bin Freund und komme nicht zu strafen, […] sollst sanft in meinen Armen schlafen!“, erwidert der Tod. Schubert hat das Gedicht 1817 in Musik gesetzt. Dieses Lied wanderte dann in den langsamen Satz des Streichquartetts. Ohne Text natürlich, aber trotzdem transportiert die Musik genau das, was auch das Gedicht mitteilt: angsterfüllt klammert man sich im Angesicht des Todes ans Leben, doch bleibt am Ende nichts als der verzweifelte Blick zurück. Mit dem Tod muss man trotzdem seinen Frieden schließen.

Der besondere Klang des Chiaroscuro Quartetts

Der Tod lebt - in unserem Musikstück der Woche und auf der neuen CD des Chiaroscuro Quartetts, die im Oktober erscheint. Quälend schön und faszinierend furchteinflößend spielen die vier Musiker aus Russland, Spanien, Schweden und Frankreich Schuberts Tanz mit dem Schicksal in „Der Tod und das Mädchen“.

Alina Ibragimova, Pablo Hernán Benedi, Emilie Hörnlund und Claire Thirion werden hier zu einem einzigen musizierenden Wesen, das uns schon vom ersten Takt des Stücks mit Kraft und Präzision in den Bann schlägt und dazu befähigt, das Schöne im Schrecklichen zu sehen. Authentizität wird in diesem Quartett großgeschrieben: Die vier spielen in historisch informierter Aufführungspraxis auf Darmsaiten und mit historischen Bögen. Auch daher ihr einzigartiger Klang, der so großartig zu diesem Streichquartett von Franz Schubert passt.

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Milena Domogalla