Musikstück der Woche vom 05.10.2015

Gemalt mit Orchesterfarben

Stand
AUTOR/IN
Kerstin Unseld

Claude Debussy: Images pour Orchestre

Was bei der Uraufführung 1913 für Entsetzen beim Publikum sorgte, sollte sich im Laufe der Zeit als das populärste der "Images" von Claude Debussy entpuppen: Ibéria, das klingen de Bild von spanischen Straßen und Wegen, von Düften der Nacht und dem Morgen eines Fests. Bei einem Gastspiel in der Kölner Philharmonie leitete Chefdirigent Francois Xavier Roth das SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg.

Images - Bilder aus Klängen

Der Komponist Claude Debussy (Foto: picture-alliance / dpa, picture-alliance / dpa - DB Röhnert)
Der Komponist Claude Debussy

Das Bildhafte faszinierte Claude Debussy: neben seinen "Images pour Orchestre" hatte er bereits zwei Klavierbände mit "Images" komponiert, in denen das Schillern der Goldfische in einem Teich ebenso wie die Lichtbrechungen auf der Fassade einer Kathedrale zu hören/sehen sind. Für Debussy, dem die Bezeichnung "impressionistisch" für seine Musik überhaupt nicht gefiel, hatte das 'Zeichnen' in Musik viele Vorteile, die das Zeichnen auf Leinwand nicht hatte: Ein Musikstück entsteht in der Zeit, kann einen Prozess beschreiben. Das Bild an der Wand kann das nicht. Im Februar 1906 riet Debussy seinem Stiefsohn, den Komponisten Raoul Bardac: "Sammeln Sie Eindrücke. – Beeilen Sie sich nicht, diese sofort aufzuzeichnen… Die Musik ist der Malerei insofern überlegen, als sie die verschiedenen Variationen der Farbe und des Lichtes zusammenbringen und in einem Werk vereinen kann. Eine Wahrheit, die trotz ihrer Einfachheit oft übersehen worden ist."

"Images pour Orchestre" entstand genau in dieser Zeit, bildete nicht nur Debussys Freude am Entstehenlassen von (Orchester-)Farben sondern auch seine Faszination an der spanischen Musik, Landschaft, Folklore ab. So ist das zweite "Image" mit dem Titel "Iberia", das bei der Uraufführung schlichtweg für Entsetzen sorgte, zu einer großen Hommage an Debussys Fernweh-Land Spanien geworden.

Im Programmheft der Uraufführung am 26. Januar 1913 konnten die Zuhörer – oder soll man sagen: Zuschauer? - lesen: "Wirkliche Bilder, wo sich der Musiker bemüht, für das Ohr die Eindrücke des Auges zu übersetzen; er beeilt sich, die beiden Arten von Sinneseindrücken zu verschmelzen, um sie zu intensivieren; die Melodie mit ihren unendlich vielen Rhythmen entspricht den vielfältigen Strichen einer Zeichnung, das Orchester ist eine große Palette, zu der jedes Instrument seine Farbeliefert. Wie sich der Maler an Gegenüberstellungen von Farbtönen, am Spiel von Schatten und Licht freut, so freut sich der Musiker am Zusammenprall von unvorhersehbaren Dissonanzen, an der Mischung von seltenen Klangfarben; er will das, was er zu Gehör bringt, sichtbarmischen, und die Feder zwischenseinen Fingern wird ein Pinsel. Das ist ein musikalischer Impressionismus von besonderer Nuance und seltener Qualität."

SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg

1946 wurde das SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg gegründet. Bis heute identifiziert es sich mit den Idealen seiner "Gründerväter", die der festen Überzeugung waren, dass die engagierte Förderung der neuen Musik ebenso wichtiger Bestandteil des Rundfunk-Kulturauftrags ist wie der Umgang mit der großen Tradition.

In diesem Sinne haben die Chefdirigenten von Hans Rosbaud über Ernest Bour bis zu Michael Gielen gearbeitet und ein Orchester kultiviert, das für seine schnelle Auffassungsgabe beim Entziffern neuer, "unspielbarer" Partituren ebenso gerühmt wird wie für exemplarische Aufführungen und Einspielungen des traditionellen Repertoires eines großen Sinfonieorchesters. An die 400 Kompositionen hat das Orchester bisher uraufgeführt und damit Musikgeschichte geschrieben; es gastiert regelmäßig in den (Musik)-Hauptstädten zwischen Wien und Amsterdam, Berlin und Rom, Salzburg und Luzern. Michael Gielen prägte das Orchester als Chefdirigent in den Jahren 1986-1999, dann übernahm Sylvain Cambreling. Seit September 2011 steht François-Xavier Roth an der Spitze.

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Kerstin Unseld