Musikstück der Woche vom 30.12.2013

Haydns Renner

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AUTOR/IN
Doris Blaich

Joseph Haydn: Klaviertrio G-Dur "in the Gypsies' style"

Ungarische Paprika ist lasch dagegen: wer echtes Feuer sucht, muss Haydns G-Dur-Trio hören! Das Finale "in the Gypsies' style" ist gewürzt mit den typischen Klängen der Zigeunermusik; temperamentvoll gespielt vom jungen französischen Trio Chausson bei einem Bruchsaler Schlosskonzert des SWR im Oktober 2011.

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Mit 58 Jahren – damals fast schon als alter Mann – wagte Joseph Haydn einen riesigen beruflichen Schritt: er wurde selbständiger Musiker. Sein bisheriger Dienstherr, Fürst Nikolaus I. von Esterházy, war gestorben; Haydn zog nach Wien und lehnte ein neues Angebot von einem Fürstenhof ab. Die Entscheidung erwies sich als richtig: Im selben Jahr (1790) lud ihn ein Londoner Konzertunternehmer ein, neue eigene Werke vorzustellen. Die Serie war so erfolgreich, dass vier Jahre später eine erneute Einladung folgte: Mit seinen großen Londoner Sinfonien eroberte Haydn die Herzen des verwöhnten Londoner Publikums und wurde in ganz Europa zum gefeierten Komponisten. Unter Haydns glühendsten Verehrern war Rebecca Schröter, die reiche und musikinteressierte Witwe des „Master of the King’s Musick“ Johann Samuel Schröter. Sie umgarnte ihn nach allen Regeln der Kunst. In einem ihrer Briefe lesen wir: „Mein Herz war und ist voller Zärtlichkeit für Sie, aber keine Sprache kann auch nur annährend ausdrücken, wieviel Liebe und Zärtlichkeit ich für Sie empfinde, jeden Tag meines Lebens gewinne ich Sie noch lieber“. Haydn war ein verheirateter Mann; er ließ aber durchblicken, dass das Interesse durchaus nicht einseitig war.

Ohrenfeuer

Im Jahr 1795 erschienen kurz nach Haydns Abreise aus England drei Klaviertrios beim Londoner Notenverlag Longman und Broderip, die Rebecca Schröter gewidmet sind. Das mittlere davon – in G-Dur – ist Haydns bekanntestes und am häufigsten aufgeführtes Klaviertrio. Das mag an der Leichtigkeit und Eingängigkeit der musikalischen Themen liegen, vor allem aber am „exotischen“ Charakter des Finales. Haydn hat sich dafür von der Musik den Romungren inspirieren lassen, der ungarischen Zigeuner, denen er während seiner Zeit in Esterháza immer wieder begegnet ist: Ungewöhnliche Ornamente, Bordunklänge – also lang ausgehaltene Harmonien auf einer Tonhöhe – und widerborstige, stark akzentuierte Rhythmen sind die Kennzeichen dieses Stils. Haydn würzt damit geschickt seine eigene Musiksprache. Sehr viel später werden Liszt und Brahms (der dieses Trio kannte) in ihren Ungarischen Rhapsodien und Ungarischen Tänzen auf ähnliche Weise mit volksmusikalischen Elementen umgehen.

Trio Chausson

"Rising stars" – "aufgehende Sterne": Wer bei dieser Konzertreihe auftreten darf, kann sich glücklich schätzen, denn er wird sich spielend die Bühnen der wichtigen Konzerthäuser erobern. Das junge französische Trio Chausson hat im Rahmen dieses Programms in der New Yorker Carnegie Hall und auf Konzertbühnen in ganz Europa gastiert.
Die drei Musiker - Philippe Talec (Violine), Antoine Landowski (Violoncello), Boris de Larochelambert (Klavier) - haben am Pariser Konservatorium studiert und wurden dort in den Fächern Klaviertrio und Kammermusik (in der Klasse von Pierre-Laurent Aimard) mit ersten Preisen ausgezeichnet. 2005 gewann das Trio den Internationalen Kammermusikwettbewerb Joseph Joachim in Weimar, 2004 wurde es beim Joseph Haydn Wettbewerb Wien mit dem Preis für die beste Interpretation zeitgenössischer Musik ausgezeichnet.
Das Trio Chausson ist ständiger Teilnehmer der European Chamber Music Academy (ECMA) und arbeitet mit bedeutenden Kammermusikern wie Hatto Beyerle, Anner Bylsma, Gérard Wyss, Eckart Heiligers, Shmuel Ashkenazy, Rainer Kussmaul und Johannes Meissl zusammen. In Anerkennung seiner brillanten Leistungen wählte die Association Française d’Action Artistique das Trio Chausson 2005 im Rahmen des Programms „Declic“ für eine Aufnahme bei Radio France sowie für Konzerttourneen im Ausland aus. Beim Label Mirare Records sind mittlerweile vier CDs erschienen, mit Klaviertrios von Chausson, Ravel, Schubert, Chopin und Liszt, Chaminade und Debussy.

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Doris Blaich