Musikstück der Woche vom 04.11.2013

Brüsker Windstoß

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AUTOR/IN
Lotte Thaler

Gebrechlich war Prokofjew, als er die erste Violinsonate schrieb. Aber hören kann man von seinem kritischen Gesundheitszustand nichts. Allenfalls klingt es düster, ironisch, 7 Jahre vor seinem Tod.

Das Stück ist voll von emotionalen Klangfarben, erfüllt mit Virtuosität und Lyrik. Beim Festival "Heidelberger Frühling" spielte der junge israelische Geiger Itamar Zorman die erste Violinsonate von Sergej Prokofjew gemeinsam mit seinem Klavierbegleiter Julien Quentin am 14.04.2013 in der Alten Aula der Heidelberger Universität.

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Wie Wind über den Kirchhof

Sergej Prokofjew widmete seine Violinsonate f-Moll op. 80 dem Geiger David Oistrach, der sie 1946 in Moskau zusammen mit dem Pianisten Lev Oborin uraufführte. es ist ein ziemlich düsteres Werk geworden, an dem Prokofjew über einen längeren Zeitraum immer wieder gearbeitet hatte. Oistrach gegenüber beschrieb Prokofjew selbst den Charakter des ersten Satzes als "Wie über einen Kirchhof streichender Wind". Die Assoziation mit einem Friedhof war also gegeben, und Oistrach spielte dann auch diesen ersten und den lyrischen dritten Satz der Sonate op. 80 auf Prokofjews Trauerfeier. Wie oft bei Prokofjew gibt es auch in diesem Werk einen Satz, den der Komponist dezidiert mit "Brusco" - brüsk - bezeichnet. Er steht an zweiter Stelle und verlangt von der Geige fast durchgehend die Artikulation "marcatissimo e pesante", so lange wenigstens, bis das zweite Thema "eroico" expressiv aus der Tiefe der Geige emporsteigt. Im Finalsatz greift Prokofjew auf Motive der ersten beiden Sätze zurück und verleiht der Sonate damit zyklische Geschlossenheit.

Itamar Zorman (Violine)

Itamar Zorman wurde in Tel-Aviv in eine Familie von Musikern hineingeboren, begann seine musikalische Ausbildung an der Jerusalem Academy of Music und machte 2009 seinen Master an der Juilliard School. Von der Presse wird er als ein “Virtuose der Emotionen” gefeiert. So gewann er jüngst u.a. den Internationalen Tschaikowsky Wettbewerb in Russland und im April 2012 den Juilliard Berg Konzert Wettbewerb.
Als Kammermusiker hat Itamar Zorman in berühmten Konzertsälen wie dem Lincoln Center, der Carnegie Hall und dem Kennedy Center in Washington gespielt. Er ist Gründungsmitglied des »Israeli Chamber Project«, mit dem er in den letzten vier Spielzeiten auf Tour in Israel und Nordamerika war. Unterstützt wird Itamar Zorman von der America-Israel Cultural Foundation und der Ilona Feher Stiftung. Er spielt auf einer Pietro Guarneri Violine von 1737 aus der privaten Sammlung von Yehuda Zisapel.

Julien Quentin (Klavier)

Der französische Pianist Julien Quentin studierte zunächst am Genfer Konservatorium, beendete seine Ausbildung 2002 an der Indiana University und graduierte anschließend an der New Yorker Juilliard School. Er debütierte erfolgreich mit Recitals im Salle Cortot in Paris, in der Conservatoire Hall Genf und im Bargemusic in New York. In den vergangenen fünf Jahren gab Quentin regelmäßig Konzerte in den USA und Europa. Außerdem führten ihn Tourneen nach Japan, Australien und in den Mittleren Osten. Julien Quentin ist ein leidenschaftlicher Kammermusiker, der mit Kollegen wie Nicola Benedetti, David Aron Carpenter, David Garrett und Ilya Gringolts zusammenarbeitet. Gemeinsam mit dem Komponisten Justin Messina und dem Pianisten Francesco Schlimé realisierte er Projekte, die von Improvisation bis zu Elektronischer Musik reichen. Als Cembalist konzertierte Quentin u.a. mit Sarah Chang und dem Verbier Festival Chamber Orchestra.

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Lotte Thaler