Musikstück der Woche vom 01.07.2013

Undine sei es gewesen...

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AUTOR/IN
Kerstin Unseld

...erzählt man. Sie habe Fréderic Chopin zu den rieselnden Sechzehntel-Kaskaden seiner As-Dur-Ballade inspiriert. Aber wie es bei einer Ballade so ist - sie erzählt von Märchen und Geschichten.

Was allerdings wirklich als Idee hinter Chopins As-Dur-Ballade steckt, dafür gibt es wenig Anhaltspunkte. Wohl aber für ihre Interpretation durch Boris Giltburg, der diese Ballade am 28.01.2011 in der SWR-Konzertreihe "Internationale Pianisten Mainz" gespielt hat.

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Den polnischen Dichter Adam Mickiewicz und Fréderic Chopin verband das Schicksal, im Exil zu leben. Beide trafen sich in Paris. Als Zeugnis dieser Begegnung, als Zeugnis auch eines gemeinsamen Heimwehs nach Polen, sind die vier Balladen zu sehen, die Chopin nach Texten von Michiewicz komponierte. Im Sommer 1841 hielt sich Chopin wie schon die Jahre zuvor in Nohant auf, dem Landhaus seiner Lebensgefährtin George Sand. Und hier komponierte er die Ballade Nr. 3 As-Dur op. 47, die nach einer Ballade mit dem Titel "Undine" von Michiewicz entstanden sein soll. Dass überhaupt keine Ballade von Michiewicz mit diesem Titel überliefert ist, ist nur eine Randnotiz. Wort für Wort hätte sie Chopin sowieso nicht vertont. Wohl aber jene Welt der Wassergeister musikalisch aufgegriffen, die sich um Undine rankt: einen epischen Beginn hört man, als trage ein Erzähler die traurige, ja dramatische Liebesgeschichte von Undine vor, außerdem rieselnde Wellen, viel Dramatik und schließlich eine leidenschaftlich-intensive Reprise, die der Ballade eine Art 'Rahmen' verleiht. Alles übrigens im erzählenden 6/8-Metrum der altpolnischen Tanzweise "Ballata".

Boris Giltburg, Klavier

Der junge israelische Pianist Boris Giltburg hat es in den letzten Jahren geschafft, weltweit und kontinuierlich die Aufmerksamkeit eines immer weiter wachsenden Publikums auf sich zu ziehen, da er wie wenige andere der jungen Pianisten-Generation über das Maß an Musikalität, Persönlichkeit und Durchdringung der Musik verfügt, das ihn von der bloßen technischen Perfektion abhebt. Boris Giltburg wurde 1984 in Moskau geboren. Mit fünf Jahren erhielt er ersten Klavierunterricht bei seiner Mutter. Von Kindheit an lebt er in Tel Aviv, wo er seitdem bei Arie Vardi studiert.

Boris Giltburg wurde bei internationalen Wettbewerben mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, namentlich in Santander, wo er 2002 für seine Interpretation von Bartóks drittem Klavierkonzert mit dem London Symphony Orchestra unter Rafael Frühbeck de Burgos den ersten Preis sowie den Premio de público Sony gewann. Beim Arthur Rubinstein Klavierwettbewerb 2011 in Tel Aviv belegte er den zweiten Platz und erhielt den Sonderpreis für die beste Interpretation eines klassischen Konzerts mit Beethovens zweitem Klavierkonzert.

Der "American Record Guide" bescheinigte Giltburg 2007: "… ruhige und überzeugte Aufmerksamkeit hat er für die Musik parat. Die Ergebnisse sind etwas Besonderes. Giltburg spielt wie der junge Richter." Erst 28 Jahre alt, kann Boris Giltburg auf Konzerte auf den wichtigsten Bühnen Europas, wie zum Beispiel dem Wiener Konzerthaus, dem Herkulessaal in München und Teatro San Carlo in Neapel zurückblicken. Zudem konzertierte er auf Festivals wie dem Cheltenham Festival, Duszniki Chopin Festival, Piano aux Jacobins Festival in Toulouse und mehrfach in Spanien. Er spielte in New York und mit Orchestern wie dem BBC Scottish Symphony, den Stuttgarter Philharmonikern sowie der Wiener Kammerphilharmonie.

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Kerstin Unseld