Musikstück der Woche vom 03.06.2013

Violine singt auf spanisch

Stand
AUTOR/IN
Kerstin Unseld

Sie enthalten Klänge, die uns mit Kopf und Herz sofort nach Spanien versetzen.

Die temperamentvolle moldawische Geigerin Patricia Kopatchinskaja und ihr finnischer Klavierpartner Henri Sigfridsson spielten am 04.03.2008 die "Suite populaire espagnole" bei einem Konzert in der Martinskirche in Müllheim (Baden).

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Olé!

Als der erste Weltkrieg ausbrach, kehrte Manuel de Falla wieder in seine spanische Heimat zurück. Voller Eindrücke, die er gesammelt hatte, seit er 1907 nach Paris gekommen war und dort Komponisten wie Claude Debussy, Maurice Ravel und Paul Dukas kennengelernt hatte. Auch Isaac Albéniz lebte zu dieser Zeit in Paris, und die spanischen Komponisten ließen sich vom Flair der französischen Hauptstadt, von den Impressionisten und von den kompositorischen Freiheiten, die sich allen voran Debussy herausnahm, inspirieren. Die Faszination zwischen spanischen und französischen Komponisten war durchaus wechselseitig. Man verstand sich. So wundert es kaum, dass de Fallas ab ca. 1914 in Paris entstandenen "Siete canciones populares españoles" zwar auf spanische Texte zurückgreifen, durchaus spanische Tänze als Vorlage nehmen, dass aber hin und wieder klanglich ganz irisierend ein Hauch von Debussy hindurch schimmert.

Der polnische Geiger Paul Kochanski ersetzte in diesen sieben spanischen Lieder von de Falla die Singstimme durch die 'Stimme' einer Geige. Seine Transkription sollte diesen Lieder im Konzertsaal viel Erflog bescheren. Nicht zuletzt deswegen, weil sie eigene klangliche Wege beschreiten.

Unter der Überschrift "Suite populaire espagnole" ordnete Kochanski die Lieder in ihrer Reihenfolge um: er beginnt mit "El paño moruno" (Das maurische Tuch), bei dem Kochanski Pizziccati hinzufügte. "Nana" ist ein Wiegenlied, das – genauso wie "Canción"- auf populäre Volkslieder aus Spanien zurückgeht. Aber nicht alle Lieder bzw. stücke entstammen der spanischen Volksmusik, wie etwa "Polo" (ein Flamenco-Tanz) und "Jota" (ein Tanz aus Aragón), die de Falla ganz im Stile der Volksmusik ‚erfunden‘ hat und in denen Kochanski wieder durch Pizzicati den Gebrauch von Kastagnetten imitiert. "Asturiana" ist ein Wiegenlied aus Nordspanien und "Ana" ein Wiegenlied aus Andalusien.

Patricia Kopatchinskaja - Violine

"Naturgewalt" nannte sie der Berliner Tagesspiegel, der Kölner Stadtanzeiger schrieb "Eine Frau wie ein Sturmwind". Die Geigerin Patricia Kopatchinskaja bewegt sich quer durch die ganze Bandbreite des Violinrepertoires von Barock über Klassik – häufig auf Darmsaiten gespielt – bis hin zu Uraufführungen und neuen Interpretationen der Meisterwerke der Moderne. Kammermusik ist für Patricia Kopatchinskaja künstlerisch lebenswichtig. Regelmäßig sind dabei Fazil Say, Sol Gabetta, Markus Hinterhäuser, Polina Leschenko und auch einige Mitglieder ihrer Familie ihre Partner. Sie ist zudem Gründungsmitglied des kürzlich formierten quartet-lab. Das Debüt dieses Streichquartetts mit Pekka Kuusisto, Lilli Maijala und Pieter Wispelway wird im Konzerthaus Dortmund mit Werken von Bartók, Beethoven und Salonen im September 2012 zu erleben sein. Die Gewinnerin zahlreicher Auszeichnungen wurde kürzlich mit dem Praetorius Musikpreis des Landes Niedersachsen 2012 in der Kategorie „Musikalische Innovation“ geehrt.Patricia Kopatchinskaja spielt ein Instrument des Geigenbauers Giovanni Francesco Pressenda aus dem Jahre 1834. Als Goodwill-Botschafterin der Stiftung „Terre des Hommes“ unterstützt sie insbesondere Hilfsprojekte für notleidende Kinder in Moldawien.

Henri Sigfridsson - Klavier

Henri Sigfridsson, 1974 geboren, hat sich in den letzten Jahren auf vielen wichtigen Konzertpodien Europas etabliert, u.a. in der Tonhalle Zürich, im Konzerthaus Berlin, in den Philharmonien von Köln, Budapest und St. Petersburg und im Herkulessaal München. Als Krönung seiner Wettbewerbserfolge ist die Beethoven Competition Bonn 2005 anzusehen, bei der er den ersten Preis, den Publikumpreis und den Kammermusikpreis gewann.
Henri Sigfridsson hat an vielen Wettbewerben erfolgreich teilgenommen. 1994 gewann er den 1.Preis beim internationalen "Franz-Liszt-Wettbewerb" in Weimar und 1995 den großen skandinavischen Wettbewerb "The Nordic Soloist Competition". 2000 gewann er bei dem Geza-Anda Wettbewerb in Zürich den zweiten Preis und den Publikumpreis. 2001 erhielt er den Förderpreis für junge Künstler des Landes Nordrhein-Westfalen.
Auf dem Gebiet Kammermusik arbeitete Sigfridsson u.a. mit Gidon Kremer, Ivry Gitlis, Mischa Maisky, Leonidas Kavakos, Patricia Kopachinskaya, Sol Gabetta und Johannes Moser.
2008-2009 übernahm Henri Sigfridsson eine Professur für Klaviermusik an der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz. 2010-2011 war er Professor an der Musikhochschule Hans Eisler in Berlin. Seit April 2011 ist er Professor für Klavier an der Folkwang Universität der Künste.

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Kerstin Unseld