Musikstück der Woche vom 22.6.2015

Lieben Sie meine Musik!

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AUTOR/IN
Katharina Höhne

Francis Poulenc: Sonate für Flöte und Klavier

Der französische Komponist Francis Poulenc verabscheute jeden, der auch nur ansatzweise auf die Idee kam, seine Werke theoretisch zu verstehen. Er wollte, dass seine Musik mit empfindsamen Ohren gehört wird, und zwar genauso, wie sie im Moment des Hörbarwerdens klang. Deshalb sagte er: "Analysieren Sie meine Musik nicht – lieben Sie sie". Im November 2013 haben Michael Martin Kofler (Flöte) und Rudolf Meister (Klavier) eins von Poulencs wirkungsvollsten und populärsten Kammermusikwerken in der Mannheimer Musikhochschule gespielt: Die Sonate für Flöte und Klavier.

Standing Ovations für Poulencs Melancholie

Francis Poulenc wusste genau wie seine Musik auf die Menschen wirken sollte: Unmittelbar. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Sie sollte direkt ins Ohr und damit das Herz gehen. Dafür konzentrierte er sich auf die Melodien. Sie sollten die Form aber auch den Ausdruck seiner Werke bestimmen.

Die Sonate für Flöte und Klavier wurde am am 18. Juni 1957 bei den Straßburger Musikfestspielen aufgeführt und sorgte noch im Konzert für nicht enden wollenden Applaus. So etwas Tiefgehendes wie die Melodie des zweiten Satzes habe man selten zuvor gehört, hieß es, sodass er direkt wiederholt werden musste. Auch die Kritiker waren am nächsten Tag voll des Lobes. Beispielsweise schrieb die Wochenzeitschrift "L’Express", das der zweite Satz etwas vom besten Poulenc habe, "und sogar noch ein bisschen besser: ein ununterbrochener Gesang, der sich aus einer harmonischen Schreibweise von andauerndem Raffinement erhebt. Er steht in der größten französischen Tradition, jener, die von Couperin zu Debussy führt." Poulenc hatte sich als Ausgangspunkt für seine Melodie für die Melancholie entschieden. In den Sätzen eins und drei für Lebendigkeit und Leichtigkeit. 

Bei der Premiere in Straßburg saß Poulenc selbst am Klavier und begleitete mit Jean-Pierre Rampal einen der bedeutendsten Flötisten des 20. Jahrhunderts. Der gebürtige Franzose trug dazu bei, dass die Flöte als Soloinstrument immer öfter auch fernab der Kammermusik auf dem Spielplan großer Konzert- und Theaterhäuser auftauchte. Er war auch derjenige, der Poulenc dazu antrieb, eine Sonate für ihn zu komponieren. Immer wieder arbeitete Rampal mit führenden Komponisten seiner Zeit zusammen und ließ sich Werke auf den Leib schreiben. Poulenc hatte er schon Anfang der 1950er um eine Maßanfertigung gebeten, doch dem Komponisten fehlte nicht nur die Zeit sondern auch das Geld dafür. Trotzdem arbeitete er immer mal an ersten Skizzen. Denn grundlegend gefiel ihm die Idee. 

Im Winter, zwischen den Jahren 1956 und 1957, war es dann soweit. Poulenc hatte gerade die Arbeiten an seiner Oper "Dialogues des Carmélites" abgeschlossen und wurde von der Stiftung der verstorbenen US-amerikanische Kunst-Mäzenin Emma Sprague Cooliage um ein Kammermusikwerk gebeten. Also bündelte Poulenc die frei gewordene Zeit mit dem Auftragsangebot und brachte seine angefangenen Ideen in der Sonate für Flöte und Klavier zur Vollendung.

Martin Michael Kofler (Flöte)

1966 in Villach geboren, absolvierte Martin Michael Kofler sein Flötenstudium mit Auszeichnung an der Wiener Musikhochschule sowie an der Musikakademie in Basel. Bereits während seines Studiums wurde er Soloflötist im Gustav-Mahler-Jugend-Orchester unter Claudio Abbado, 1987 berief ihn Sergiu Celibidache in gleicher Position zu den Münchner Philharmonikern, wo er bis heute tätig ist. Michael Kofler ist Preisträger zahlreicher internationaler Wettbewerber (ARD, Brüssel, Prag, Bari, etc.). Als Solist hat er weltweit mit mehr als 80 Orchestern unter namhaften Dirigenten konzertiert, u.a. James Levine, Sir Neville Marriner, Fabio Luisi und Herbert Blomstedt. Dazu wirkt er sowohl als Solist als auch Kammermusiker bei DVD, CD-, Rundfunk- und Fernsehaufzeichnungen mit. Michael Kofler betreut seit 1989 als Professor eine Konzertfachklasse mit größtem Erfolg an der Universität Mozarteum Salzburg.

Rudolf Meister (Klavier)

Der gebürtige Heidelberger Rudolf Meister schloss bereits mit 20 Jahren sein Studium an der Musikhochschule Hannover mit der Reifeprüfung ab. Ausgezeichnet durch mehrere Stipendien setzte er dieses an der renommierten Wiener Musikhochschule sowie der New Yorker Julliard School fort. Als Solist trat Rudolf Meister mit mehr als 30 Orchestern auf und spielte in kammermusikalischen Besetzungen mit Künstlern wie Isabelle van Keulen oder Wanda Wilkomirska. Seine Konzerte führten ihn um die ganze Welt, vom New Yorker Lincoln Center über das Metropolitan Theatre in Tokyo bis ins Wiener Konzerthaus. Dazu hat er zahlreiche CDs eingespielt. Mit 26 Jahren wurde Rudolf Meister als Professor für Klavier/ Klaviermethodik an die Musikhochschule Mannheim berufen, seit 1997 führt er die Hochschule als Präsident.

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Katharina Höhne