Musikstück der Woche vom 19.8.2013

Donnerwetter!

Stand
AUTOR/IN
Anne Orschiedt

Franz Liszt: Orage für Klavier

Kann man ein Gewitter im Notentext sehen und im Konzert hören? Ja! Zu Beginn des kurzen Klavierstückes Orage von Franz Liszt hört man Blitze zucken, es lärmt, rumpelt und rumort und der Pianist hangelt sich virtuos über die gesamte Tastatur. In unserem Musikstück der Woche ist Herbert Schuch der Wettermacher, der Live-Mitschnitt von den Ettlinger Schlosskonzerten stammt vom 15.4.2012.

Audio herunterladen (6,9 MB | MP3)

Donnergrollen und das Aufbrausen von Winden: Bis zu zehnstimmig vertont Liszt das Wettertreiben auf dem Klavier – man beachte: es sind nur die beiden Hände eines Spielers, die die enorme Menge an Tönen gleichzeitig bewältigen soll - also: jeder Finger ist voll im Einsatz! Und dann verschwindet das Unwetter auch schon schneller als man denken kann. Für dieses Stück braucht man Kraft in den Fingern und eine dehnbare Hand. Beides hatte Liszt; eine seiner Schülerinnen schildert es so: "Seine Hände sind sehr schmal, mit langen, schlanken Fingern, die aussehen, als hätte er doppelt so viel Gelenke wie andere Leute. Sie sind so beweglich und biegsam, dass es einen fast nervös macht, sie anzusehen."

Eine musikalische Pilgerreise
Angeregt von eigenen Reisen – von 1839 bis 1847 unternimmt der Virtuose Liszt Tournéen durch ganz Europa – komponiert Liszt eine Reihe von Klavierstücken und bündelt sie für die Veröffentlichung in dem Sammelband "Années de Pélerinage"; das erste dieser musikalischen "Pilgerjahre" handelt von der Schweiz. Die Stücke tragen Titel wie "Au Lac de Wallenstadt" (Am See von Walenstadt) oder "Vallée d'Obermann" (Das Obermann-Tal). Sie sind inspiriert von Naturbildern und Naturgewalten. Das zweite Jahr handelt vom Kunstland schlechthin: Italien. Hier verwandelt Liszt beispielsweise Sonette des italienischen Dichters Petrarca in Klänge. Das dritte Jahr steht ganz unter dem Eindruck der Villa d’Este in Rom und verbindet Erinnerung, Wehmut und Trauer miteinander. "Orage" komponiert Liszt im Jahr 1854 und publiziert es im Notenband des "ersten Pilgerjahrs" zwischen eher idyllisch und naturmalerisch geprägten Stücken; ein kraftvoller Wirbelsturm, der die heile Schweizer Bergwelt gehörig aufrüttelt.

Herbert Schuch am Klavier (Foto: Pressestelle, Website Herbert Schuch  - Broede)
Herbert Schuch am Klavier

Herbert Schuch
Herbert Schuch wurde 1979 in Temeschburg, Rumänien, geboren. Nach erstem Klavierunterricht in seiner Heimatstadt siedelte die Familie 1988 nach Deutschland über, wo er seither lebt. Seine musikalischen Studien setzte er bei Kurt Hantsch und dann bei Prof. Karl-Heinz Kämmerling am Salzburger Mozarteum fort. In jüngster Zeit erfährt Herbert Schuch in besonderer Weise Prägung in der Begegnung und Arbeit mit Alfred Brendel. Internationales Aufsehen erregte er, als er innerhalb eines Jahres drei bedeutende Wettbewerbe in Folge gewann, den Casagrande-Wettbewerb, den London International Piano Competition, und den Internationalen Beethovenwettbewerb Wien.
Seither arbeitete er mit einigen der führenden Orchestern zusammen: mit dem London Philharmonic Orchestra, den London Mozart Players, der Camerata Salzburg, dem RSO Wien, der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, dem Orchestre National de Lyon und den Orchestern der ARD. Er ist regelmäßig Gast bei Festspielen wie dem Rheingau Musik Festival, dem Kissinger Sommer, dem Musikfest Stuttgart oder dem Klavier-Festival Ruhr. Musikalisch setzt der Pianist Schwerpunkte auf Schumann, Ravel, Schubert, aber auch Holliger und Lachenmann tauchen in seinen Konzept-Alben ("Nachtstücke", "Sehnsuchtswalzer") immer wieder auf.
Herbert Schuch engagiert sich neben seiner Konzerttätigkeit in der von Lars Vogt gegründeten Organisation "Rhapsody in School", die sich für die Vermittlung von Klassik in Schulen einsetzt.

Stand
AUTOR/IN
Anne Orschiedt