Musikstück der Woche vom 8.2. bis 14.2.2010

Selbstgemachtes Geburtstagsgeschenk

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AUTOR/IN
Kerstin Unseld

Max Bruchs' Klarinetten-Stücke op. 83 sind ein Geschenk des Komponisten an sich selbst und eine Hommage an Mozart und Brahms

Im Asamsaal des Ettlinger Schlosses gastierten am 5. März 2009 der international gefeierte junge Klarinettist Martin Fröst aus Schweden gemeinsam mit dem schwedischen Cellisten Thorleif Thedéen und dem 1970 in Vilnius geborenen, israelischen Pianisten Itamar Golan mit klassisch-romantischen Klarinetten-Schönheiten, unter anderem mit einem Alterswerk von Max Bruch, den erst 1908 komponierten "Acht Stücke für Klarinette, Violoncello und Klavier op. 83".

Irgendwo zwischen Mozart und Brahms - aber mitten in der Spätromantik

Felix lebte 1908 als Dirigent und Klarinettist in Hamburg, und als sein Vater 70 Jahre alt wurde, wünschte er sich zur Feier von ihm eine neue Komposition. Denn der Vater von Felix war niemand anderes als der Leiter der Kompositionsklasse an der Berliner Akademie und der angesehene Komponist Max Bruch. Als erzkonservativer Künstler lehnte Bruch seit Jugendzeiten die damals modernen 'Zukünftler' Liszt und Wagner ab und verspottete sie als 'Kuhzünftler'. Er verehrte Brahms und orientierte sich auch in seinen eigenen Werken an dessen Stil. So wundert es nicht, dass Bruch auf Wunsch seines klarinettespielenden Sohnes gerne etwas schrieb, was als Ergänzung eines Programms zu Mozarts "Kegelstatt"-Trio KV 498 und Schumanns „Märchenerzählungen“ op. 132 in Klarinettentrio-Besetzung passte.

Als Kontrast zu den historischen Vorbildern schuf Bruch in seinen „Acht Stücken für Klarinette, Violoncello und Klavier“ op. 83 Charakterbilder in bester romantischer Tradition; bei jedem Instrument spürte er dessen typischer Klangfarbe und Spielweise nach, was acht farbenreiche und rhythmisch wie gesanglich ausdrucksreiche Miniaturen hervorgebracht hat, die sich im Konzertbetrieb größter Beliebtheit erfreuen.

Der Klarinettist Martin Fröst

Martin Fröst ist bekannt als Musiker, der an die Grenzen geht. „Clarinetist Martin Fröst hast to be heard to be believed“, schwärmte der „American Record Guide“.1970 im nordschwedischen Sundsvall geboren, versuchte Fröst es als Kind zunächst mit der Violine, kam dann mit neun zur Klarinette und studierte als 15-jähriger bereits in Stockholm. Weitere Studien in Hannover schlossen sich an. Heute ist der ruhig und bescheiden wirkende Schwede unter den führenden Klarinettisten auf Europas Konzertpodien der interessanteste. Frösts künstlerisches Profil ist eigenwillig, und es spricht von großer Experimentierfreude, auch in Bezug auf die klanglichen Möglichkeiten der Klarinette. Sein Repertoire umfasst vor allem klassische Musik, macht aber auch vor den sogenannten crossovers nicht Halt. Und der zeitgenössischen Musik gilt sein besonderes Augenmerk. Frösts kompromisslose Kunst der Interpretation übt auf Komponisten offenbar einen magnetischen Reiz aus: mindestens einmal pro Jahr hebt er ein für ihn geschriebenes Werk aus der Taufe. Abgesehen von seinen eigenen Konzertreihen und –projekten tritt Fröst in den wichtigsten Konzertzentren der Welt auf. Als begeisterter Kammermusiker arbeitet er mit Künstlern wie Mitsuko Uchida, Leif Ove Andsnes, Heinrich Schiff, Tabea Zimmermann und den Musikern des heutigen Abends zusammen.

Der Violincellist Thorleif Thedéen

Thorleif Thedéen, ebenfalls aus Schweden stammend, ist einer der angesehensten Musiker Skandinaviens mit einer ausgedehnten Liste von Engagements in der ganzen Welt. Internationale Aufmerksamkeit errang er, als er 1985 gleich drei der bedeutendsten Cello-Wettbewerbe der Welt gewann: den Hammer-Rostropowitsch-Preis in Los Angeles, den Pablo-Casals-Wettbewerb in Budapest und den International Tribune for Young Interpreters der European Broadcasting Union . Seitdem ist er ein gefragter Solist und Kammermusiker in den großen Konzertsälen und bei bedeutenden Musikfestivals. Zu Thedéens aktuellen Vorhaben zählen eine Tournee mit Janine Jansen und Maxim Rysanov sowie eine Einladung der Wiener Symphoniker, gemeinsam mit Julian Rachlin und Itamar Golan Beethovens Tripelkonzert aufzuführen. Geplant sind außerdem Konzerte mit dem London Philharmonic Orchestra und dem BBC National Orchestra of Wales. Thedéens CD-Einspielungen ernten regelmäßig höchstes Kritikerlob und Auszeichnungen wie den Cannes Classical Award und „Editor’s Choice“ im BBC Music Magazine.

Der Pianist Itamar Golan

Schon fast zwei Jahrzehnte lang ist Itamar Golan Kammermusikpartner der prominentesten Instrumentalisten dieser Zeit. Seine Arbeit hat ihm den Beifall der Kritik eingebracht und ihn zum meistgesuchten Pianisten seiner Generation gemacht. Geboren in Vilnius, Litauen, emigrierte Golans Familie in seiner Kindheit nach Israel. Dort begann seine musikalische Ausbildung, und schon als Siebenjähriger stand er erstmals auf der Bühne. Verschiedene Stipendien ermöglichten ihm ein Studium in den USA. Von früh an galt Golans größte Neigung der Kammermusik, aber er trat auch als Solist mit den großen Orchestern, wie dem Israel Philharmonic, den Berliner und den Wiener Philharmonikern auf. Zu den Musikern, mit denen er auf kammermusikalischem Gebiet zusammenarbeitete, gehören – um nur einige zu nennen – neben Fröst und Thedéen die Geiger Vadim Repin, Maxim Vengerov, Shlomo Mintz und Janine Jansen, der Cellist Mischa Maisky und die Klarinettistin Sharon Kam. Mit ihnen hat er auch zahlreiche CDs bei den sogenannten "major labels" eingespielt. 1991 kam er als einer der jüngsten jemals berufenen Lehrer an die Manhattan School of Music. Seit 1994 lehrt er Kammermusik am Pariser Konservatorium.

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Kerstin Unseld