Musikstück der Woche vom 2.11. bis 7.11.2009

Nicht von Bach sondern nach Bach

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AUTOR/IN
Kerstin Unseld

Die Vorlage von Johann Sebastian Bachs "Wohltemperiertem Klavier" klingt deutlich durch, ebenso deutlich auch Dmitrij Schostakowitschs Emanzipation von diesem Vorbild.

Im Rahmen der Konzertreihe "Internationale Pianisten Mainz" gastierte Bernd Glemser am 12.12.2008 im "Frankfurter Hof" in Mainz und spielte aus diesen Präludien und Fugen op. 87 von Schostakowitsch.

Nachklänge auf das Leipziger Bachfest 1950

Dass und wie Dmitrij Schostakowitsch seine Präludien schrieb, hat unmittelbar mit der Pianistin Tatjana Nikolajewa und dem Leipziger Bachfest 1950 zu tun. Die russische Pianistin war 1950 Bachpreisträgerin und konzertierte in Leipzig gemeinsam mit dem 'Pianisten' Schostakowitsch. Durch die Teilnahme am Bachfest wurde der Komponist - wie Nikolajewa berichtet - angeregt, den umfangreichen Zyklus op. 87 mit 24 Präludien und Fugen zu schreiben. Analog zu Bachs "Wohltemperiertem Klavier" schrieb Schostakowitsch in der Zeit zwischen Oktober 1950 und Februar 1951 seine in sich nach Dur- und Moll-Tonarten angeordneten kurzen Stücke, die ursprünglich als technische Übungen im polyphonen Stil geplant waren. Schon knapp 20 Jahre zuvor hatte Schostakowitsch mit seinem op. 34 etwas ähnliches geschaffen, wobei den späteren Zyklus eine herbere Klangsprache auszeichnet und eine gewisse 'Reife', indem Schostakowitsch hier jedes einzelne Stück stärker und subjektiver ausformte.

Vorbild für Präludium und Fuge e-moll (Nr. 4 aus Op. 87) ist Bachs cis-Moll-Paar aus dem ersten Band des "Wohltemperierten Klaviers". Das Präludium wirkt betont ruhig und traurig, mit seinen Haltetönen im Bass fast wie für eine Orgel geschrieben.

Bernd Glemser

Das Jahr 1987 markiert in der Karriere von Bernd Glemser soetwas wie einen Startschuss: Rekordverdächtig reiste der junge Pianist durch die ganze Welt und gewann 17 Wettbewerbe und Spezialpreise in Folge. (u.a. Busoni, Callas, Cortot, Montréal, Rubinstein, Sidney, Tschaikowsky und zuletzt den ARD-Musikwettbewerb). „So konnte ich mir von den Preisgeldern doch meinen ersten Flügel kaufen…“ meinte er später mit einem Augenzwinkern.
Doch der Grundstein für eine große Karriere war damit gelegt. 1989 ereignete sich für den im baden-württembergischen Dürbheim geborenen Bernd Glemser eine kuriose Geschichte: Der zu diesem Zeitpunkt 27-jährige Pianist wurde zum damals jüngsten Professor Deutschlands nach Saarbrücken berufen. Bernd Glemser aber war selbst noch Student beim russischen Pädagogen Vitaly Margulis, musste zu seiner Berufung erst von der Musikhochschule in Freiburg exmatrikuliert werden und durfte seine noch ausstehenden Examina innerhalb von zwei Jahren - dann als Professor - nachholen. Seit 1996 unterrichtet Bernd Glemser in Würzburg.


Mittlerweile tritt Bernd Glemser in der ganzen Welt auf, von Chile bis China, wo er 1996 als erster Künstler aus dem Westen live im Fernsehen spielte. Mit einer außergewöhnlichen Bandbreite des Repertoires, das vom Barock bis zur Moderne reicht, zählt Bernd Glemser heute zur internationalen Pianistenelite. Ihm wird nicht nur eine atemberaubende Virtuosität, sondern höchste poetische Sensibilität attestiert.

Die bisher erschienenen 30 CD-Aufnahmen erhielten fast ausnahmslos Auszeichnungen durch die Fachpresse.

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Kerstin Unseld