Musikstück der Woche mit dem SWR Vokalensemble

Bach durch den Klangvorhang

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AUTOR/IN
Doris Blaich

Knut Nystedt: Immortal

Dass Bach unsterblich ist, wissen wir schon lange. Unser Musikstück der Woche liefert einen weiteren klingenden Beweis. Das SWR Vokalensemble singt unter Leitung seines Chefdirigenten Marcus Creed. Der Mitschnitt stammt vom Festival RheinVokal 2010.

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Nystedt hält die Zeit an

Unsterblichkeit setzt die Vergänglichkeit außer Kraft. Genau das macht der norwegische Komponist Knut Nystedt (1915-2014) in seiner Komposition „Immortal Bach“ („Unsterblicher Bach“) – oder besser: er hält den Prozess der Vergänglichkeit auf. Nystedt nimmt einen Choral von Bach (sinniger Weise einen Sterbe-Choral), hebelt die zeitlichen Strukturen aus, in denen sich diese Musik bewegt und schafft einen neuen Zeithorizont: Der Chor wird in 40 Stimmen aufgefächert, jede Stimme bewegt sich in einem anderen Tempo, sodass die Klänge merkwürdig verschwimmen. An den Phrasenenden (in Bachs Noten mit Fermaten gekennzeichnet) warten alle aufeinander und treffen für kurze Zeit wieder zusammen.

Wie macht er das?

Wer das Stück zunächst hört und dann einen Blick in die Noten wirft, ist erstaunt: nur ein einzelnes Blatt Papier mit ein paar Takten von Bachs Choral, dazu eine schematische Darstellung über die Aufteilung des Chores und eine Interpretationsanweisung in sechs Punkten:

Text und Quelle

Bachs Choral stammt aus dem Schemelli-Liederbuch. Im Werkeverzeichnis trägt er die Nummer 478. Nystedt hat daraus die ersten 7 Takte verwendet – mit diesem Text: „Komm süßer Tod. Komm, sel’ge Ruh’. Komm führe mich in Friede.“

Marcus Creed

Seit 2003 ist Marcus Creed künstlerischer Leiter des SWR Vokalensembles. Geboren und aufgewachsen an der Südküste Englands, studierte er am King's College in Cambridge, der Christ Church in Oxford und der Guildhall School in London. 1977 kam er nach Berlin, wo er u.a. an der Deutschen Oper Berlin als Repetitor und später Chordirektor arbeitete und die Gruppe Neue Musik und das Scharoun Ensemble als Pianist und Dirigent verstärkt hat. 1987 wurde er zum künstlerischen Leiter des RIAS-Kammerchores ernannte, der unter seiner Leitung zahlreiche internationale Auszeichnungen wie den Edison Award erhielt. 

Die Zusammenarbeit mit der Akademie für Alte Musik Berlin, dem Freiburger Barockorchester und Concerto Köln wurden wesentlicher Bestandteil seiner Konzerttätigkeit. Er trat bei den Berliner Festwochen, Wien Modern, den Salzburger Festspielen und Festivals in Montreux, Edinburgh, Luzern und Innsbruck auf. 1998 folgte er einem Ruf auf eine Dirigierprofessur an der Musikhochschule Köln. 

SWR Vokalensemble

Bereits vor 70 Jahren gründete sich das SWR Vokalensemble als Kammerchor von Radio Stuttgart. Dreizehn Sängerinnen und Sänger sangen von einfachen Volksliedern bis hin zu Operetten und Opern für den Sendebetrieb. Geleitet und geformt durch diverse künstlerische Leiter, arbeitete sich der Chor unter Marinus Voorberg in den 1970ern an die Spitze der A-cappella-Chöre. Das Programm änderte sich, hinzu kamen immer mehr Werke des 19. und 20. Jahrhunderts und der Gegenwart, mit denen sich das Ensemble auch im internationalen Ranking einen Namen machte. 

Heute steht das SWR Vokalensemble für Innovation. Es erfindet sich immer wieder neu, setzt sich im Rahmen der SWR Musikvermittlung für die Vermittlung von klassischer Musik bei Kindern und Jugendlichen ein und wurde sowohl im Rahmen von Wettbewerben als auch für seine Produktionen mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Echo Klassik oder dem Europäischen Chorpreis.

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Doris Blaich