Musikstück der Woche mit Martin Stadtfeld

Johann Sebastian Bach: G-Dur-Partita

Stand
AUTOR/IN
Doris Blaich

Rechtzeitig zur Reisezeit: auf Europareise mit Bach! In seiner G-Dur-Partita legt er eine musikalische Route von Italien bis England zurück. Martin Stadtfeld spielt.

Erst checken, dann drucken!

Marketing-Strategen würden den Titel "Clavir-Übung" wohl sofort verwerfen: Viel zu bescheiden wirkt er, und außerdem ein bisschen trocken. Bachs Vertriebstechnik aber erstaunt auch noch im 21. Jahrhundert: Er machte erst einmal einen Marktcheck, bevor er die vier umfangreichen Bände mit Musik für verschiedene Tasteninstrumente im Selbstverlag veröffentlichte.

Bach ließ sich genug Zeit, um das Verhältnis von Angebot und Nachfrage sorgfältig zu überprüfen. Seit 1726 gab er die sechs Partiten (Suiten) Stück für Stück als Einzelhefte heraus. Dafür schaffte er sich ein exzellentes Vertriebsnetzwerk. Als "Vertreter" gewann er einflussreiche Musikerkollegen in ganz Deutschland: in Dresden, Halle, Lüneburg, Braunschweig, Nürnberg und Augsburg. Als er sah, dass er nicht auf den Unkosten sitzen bleiben würde, entschloss sich Bach, alle sechs Partiten erneut drucken zu lassen und sie als Opus 1 der „Clavir-Übung“ herausgeben.

Die G-Dur-Partita

Die Partita ist eine klingende Europareise: Im Praeambulum gibt der Pianist eine erste Kostprobe seiner Fingerfertigkeit. Dann durchwandert die Musik verschiedene Länder Europas: Die Allemande ist ein stilisierter deutscher Schreit-Tanz, die Courante (ursprünglich Corrente), stammt aus Italien, die Sarabande ist ihr majestätisches spanisches Gegenstück. Das Menuett mit seinen fein abgezirkelten Schritten repräsentiert das Selbstverständnis des französischen Adels.

Dann nochmal eine Zwischenstation in Frankreich mit einer Passepied, urspünglich ein Rundtanz, hier fein zurechtstilisiert. Und dann der Rausschmeißer: die Gigue hieß ursprünglich Jigg und wurde von englischen Bauern getanzt. Bach hat sie vom Feld in die Komponierstube geholt und daraus eine kunstfertige Doppelfuge gemacht.
Wer’s hört, kann den Anspruch nur bestätigen, den Bach auf dem Titelblatt des Drucks formuliert: „Denen Liebhabern zur Gemüths Ergoetzung verfertiget“.

Stand
AUTOR/IN
Doris Blaich