„Inniges, schmerzliches Verlangen nach jemandem oder etwas“ lautet die Dudendefinition für das Wort „Sehnsucht“. Im Pandemiejahr 2020 hatte dieses melancholische Phänomen wahrscheinlich eine besondere Stellung. Vielleicht war das ein Impuls für den Verlag der edition momente, dieses Thema in Kalenderform zu fassen? Das Motto des neuen Musikkalenders 2021 lautet „Musiker und ihre Sehnsuchtsorte“. Real oder erträumt, verloren oder nie erreicht? Seniva Winterwerb hat sich durch den Kalender geblättert.
Rolf Liebermann, Komponist und ehemaliger Intendant der Pariser Oper lernte das Paris der 70-er Jahr kennen und lieben! In dunklem Mantel und Hut in der Hand sieht man ihn die Treppe am Ufer der Seine aufsteigen. Er sieht dabei schon aus, wie ein Pariser Ureinwohner, obwohl ihm, dem Pünktlichkeit gewohnten Schweizer, das legere französische Leben anfangs fremd war.
„Sehnsuchtsorte von Musikern“ versammelt der neue Musikkalender der edition Momente. Und die könnten unterschiedlicher gar nicht sein, so komplex „die Sehnsucht“ eben ist und vor allem höchst individuell. Peter Tschaikoswkys Sehnsucht klingt etwas diffuser. Hauptsache weit weg….und nur nicht auf der Stelle stehen.
Diese Fluchtgedanken Tschaikowskys passen ausgezeichnet zu seinem Portraitfoto über seinem Zitat. Da blickt er, mit Vollbart und noch sehr jung, geradezu schmollend in die Ferne! Aus einem Briefwechsel, den er mit der Mäzenin Nadesha von Meck führte, stammen seine Worte. Ein paar der edlen Kalenderblätter weiter, wartet die sehnsüchtige Komponistin Fanny Hensel (damals hieß sie noch Mendelsohn-Bartholdy) und blickt im Geiste wohl in Richtung Süden, mit Blumenkranz im Haar und schulterfreiem Kleid. Das eindrucksvolle Portrait zeichnete ihr Verlobter Wilhelm Hensel.
Im Herbst 1839 reiste Fanny Hensel mit ihrem Mann und ihrem Sohn Sebastian über Venedig und Florenz nach Rom und Neapel. Ihr italienisches Tagebuch, aus dem das Zitat stammt, zeugt von dieser beglückenden Reise.
Die Erweckung einer Sehnsucht kann verschiedene Ursachen haben: Eine Stimme, ein Geruch, ein bestimmter Geschmack. Am besten schafft es wohl aber die Musik, die süße Bitterkeit von Sehnsucht hervorzurufen und sie mit konkreten Bildern zu verknüpfen.
Der Musikkritiker Max Graf beschreibt hier (1924) die Klavierkünste von Alfred Grünfeld. Der galt mit seinen Konzertparaphrasen von Strauß-Walzern als „der Klavierspieler Wiens“.
Der Musikkalender der edition momente:
53 Wochenblätter mit sehnsüchtigen Zitaten von Musikerinnen und Musikern, Portraits der Zitierten oder Momentaufnahmen aus dem Leben. Dazu Bild- und Textlegenden, Kurzbiografien und ein aktuelles Kalendarium: Unter jedem Datum sind Geburts- und Todestage berühmter Musiker verzeichnet. Viel mehr also als ein Wandschmuck ist dieser Kalender der edition momente:
Anekdotensammlung, Bildband und Nachschlagewerk.