Torgeir Vassvik ist ein samischer Klangkünstler. Die Samen sind das ursprüngliche Volk des Nordens. In Vassviks Musik spielt die Vokalkunst des Joik eine wichtige Rolle. Auf seinem aktuellen Album „Behind The Garden Of The Houses. BÁIKI“ kombiniert er alte Klänge und Rhythmen mit modernen und experimentellen Einflüssen und bringt etwa auch Orte, arktische Vögel und den Wind zum Klingen.
„Ich bin Aktivist, setze mich für die Sami-Kultur und deren Erhaltung ein. Dieser Tradition liegt folgende Überzeugung zugrunde: Es besteht eine enge Verbindung zwischen allem, was uns umgibt. Alles um uns herum ist voller Leben.“
Mit Sami-Kultur um die Welt getourt
Torgeir Vassvik ist 1962 geboren, norwegisch-samische Musiker und Botschafter der Sami-Kultur. Sein arktisches Avantgarde-Projekt, das er 1997 ins Leben gerufen hat, heißt ebenfalls Vassvik und ist eine Formation mit wechselnder Besetzung. Bekannt geworden ist Vassvik durch seine enge Zusammenarbeit mit sibirischen Obertonsängern. Er ist ausgiebig im In- und Ausland auf Tour gegangen, dabei stand die Sami-Kultur im Zentrum.
Das Siedlungsgebiet der Samen nennt sich Sápmi und erstreckt sich von Norwegen, Finnland, Schweden bis Russland. Nachdem Norwegen unabhängig von Schweden wurde, sei kein Platz mehr für die Sami gewesen, so Vassvik. Norwegen wollte keinen Staat mit zwei verschiedenen Kulturen.
Alte Tradition
Sápmi ist die samische Bezeichnung für den Kulturraum der Samen und gleichzeitig der Name der ethnischen Gruppe. Die Samen sind das ursprüngliche Volk des Nordens. Schon vor über 10.000 Jahren bewohnten ihre Vorfahren die eisigen Regionen in Nordeuropa – auch als Lappland bekannt.
Mit seiner Musik will Torgeir Vassvik dazu beitragen, die Identität der Samen zu stärken und die Sami-Tradition zu verbreiten. Neben Vassik gibt es auch die 1956 geborene norwegisch-samische Sängerin Mari Boine, deren Stil sich durch einfache Melodien und sparsame Begleitung auszeichnet. Seit den achtziger Jahren ist sie die Stimme des Volkes der Sami und kämpft für ihre Rechte.
Torgeir Vassvik beim „Førdefestival“ mit den Songs „Voodoo Against Arctic Oil Drilling“ & „Silver“
Neue Generation von Sami-Musikern
Inzwischen ist eine neue Generation von Sami-Musikern herangewachsen wie beispielsweise die 39-jährige Elle Márjá Eira, aus dem norwegischen Kautokeino. Sie erzählt in ihren Liedern Geschichten über ihr Leben als Rentierhirtin.
Oder die 25-jährige Ella Marie Hætta Isaksen, sie ist Aktivistin für Umwelt und samische Angelegenheiten und der 35-jährige Rapper Fred-René Øvergård Buljo, der ebenfalls Politiker ist.
Elle Márjá Eira singt einen Joik aus dem Film „The 12th Man – Kampf ums Überleben“
Gutturale Gesänge
In der Musik von Vassvik spielt der Joik – eine Vokalkunst der Samen – eine wichtige Rolle. In den 1970er Jahren, als er ein Kind war, spürte er damals etwas, das er noch nicht benennen konnte. Hier beginnt seine Identitätssuche.
„In meinem Umfeld sprach niemand samisch. Niemand sang den Joik. Also fing ich mit 12 Jahren an, mir den Joik selbst beizubringen, als ich draußen in der Natur war. Ich hatte ein großes Bedürfnis, das zu tun. [...] Die Natur ist das Instrument des Joik. Man wird eins mit der Natur. Man imitiert die Natur, man macht zusammen mit der Natur Musik, man wird zur Natur.“
Der Joik ist eine im Animismus verwurzelte Vokalkunst der Samen. Es ist ein gutturaler, traditioneller Stimmen-Klang. Vassviks Songs transportieren keine zusammenhängenden Texte, sondern vielmehr Emotionen.
Mari Boine, Stimme des Volkes der Sami, singt einen Joik
Unterdrückte Kultur
Vassvik stammt aus Gamvik am nördlichsten Zipfel des europäischen Festlands, der schon seit etwa tausend Jahren zu Norwegen gehört und im 18. Jahrhundert kolonialisiert wurde. Bis in die 1970er Jahre wurde der Gebrauch der samischen Sprache an Schulen und in öffentlichen Einrichtungen untersagt. Die norwegische Assimilierungspolitik hat unauslöschliche Spuren in seiner Familie hinterlassen.
Seine Großmutter fühlte sich nicht mehr als Samin und seine Mutter nur noch als reine Norwegerin, die kein Samisch mehr sprach. Alle waren Norweger geworden. Vassvik aber tauchte im Laufe der Jahre immer mehr in die Sami-Kultur ein und beschäftigte sich mit dem Joik. Und auch das Mandolinenspiel seines Vaters war ein wichtiger Einfluss. Mit einer Gitarre machte er seine ersten eigenen Songs.
Experimentelle Musik
Schon immer ist Vassvik auf der Suche nach diversen Sounds und neuen Ausdrucksmöglichkeiten. Und der Joik bleibt immer Bestandteil seines experimentellen Klanguniversums. Oft benutzt er ungewöhnliche Perkussionsinstrumente: Bei seinem Stück „A Place Behind The Garden Of The Houses” liefern Kleiderbügel aus Holz den Rhythmus.
Er ist einer der innovativsten Sami-Musiker, ein Grenzgänger zwischen diversen Musikstilen.
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