Kim Kashkashian spielt Kompositionen von J. S. Bach

6 Cellosuiten arrangiert für Viola

Stand
AUTOR/IN
Christine Lemke-Matwey
KÜNSTLER/IN
Kim Kashkashian 

CD-Tipp vom 16.9.2018

Hohe Kunst der Interpretation

Verhangener, melancholischer, tiefer nach innen gerichtet kann Musik schier nicht sein; im Gespräch mit sich selbst, dem Kosmos und der Ewigkeit. Gleich mit dem ersten Track, dem Prélude aus der zweiten, der d-Moll Suite, setzt die Bratschistin Kim Kashkashian wie die alles entscheidenden Farbtupfer auf eine noch weiße, leere Leinwand, und dieses Initial, diese Intonation prägt die gesamte Einspielung. Die hohe Kunst dieser Interpretation ist es, denke ich, einerseits jeden Ton, jede Sequenz auf die sprichwörtliche Goldwaage zu legen, und es andererseits genau so eben nicht klingen zu lassen.

Faszinierende Balance

Kashkashian spielt auch einen selbstvergessenen, quasi improvisatorischen Bach, einen, der jetzt, gerade, in diesem Augenblick, entsteht. Die Balance zwischen dem Analytischen und der Inspiration, und wie Kashkashian sie hält, ist absolut faszinierend. Zum Analytisch-Historischen gehören auch die Spekulationen darüber, für welches Instrument Bach diese Suiten wohl komponiert haben mag: für das Cello, wie wir es kennen? Für ein Schulter-Cello, eine Art Riesenbratsche also? Oder – und das scheint der Quellenlage nach am plausibelsten zu sein – für eine fünfsaitige Viola, ergänzt um eine hohe E-Saite? Auf fünf Saiten spielt Kashkashian die sechste und letzte Suite in D-Dur, und es weitet sich das Klang- und Farbenspektrum in einer Weise, die auch den Hörer nicht länger in festgefügten Bahnen denken lässt, ja nicht einmal in denen der traditionellen Instrumentenkunde. Was zählt, ist die Berührung von Saiten, ist der Ton.

Was sie selbst dazu im Booklet schreibt, ist so poetisch und so wahr, dass ich Ihnen daraus etwas vorlesen muss:

CD-Tipp vom 16.9.2018 aus der Sendung SWR2 Treffpunkt Klassik - Neue CDs

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AUTOR/IN
Christine Lemke-Matwey
KÜNSTLER/IN
Kim Kashkashian