Musikgespräch

Mit der Geige im Kriegsgebiet: Marina Bondas über die Kraft der Musik

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Martin Hagen

„Musik, Fantasie und Einbildungskraft können gerade in diesen Zeiten sehr viel helfen“, sagt die Geigerin Marina Bondas. Die gebürtige Ukrainerin bekam jetzt den Christa-Šeric-Geiger-Preis in Lahr verliehen für ihr musikalisches Engagement in der Ukraine-Hilfe Berlin e.V.

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„Wenn der Krieg zu Ende ist, fängt meine Arbeit erst richtig an!“

Marina Bondas ist Violinistin des Berliner Rundfunk-Sinfonieorchesters und Mitbegründerin der Hilfsinitiative „Heart for Ukraine“. Mit ihrer Geige und eigens ausgewählten Konzertprogrammen reiste sie schon vor dem 24. Februar 2022 in die ostukrainischen Kriegsgebiete. Seit der russischen Invasion hat sie ihren Wirkungskreis auf die gesamte Ukraine ausgeweitet.

Musik könne bei den Überlebenden als Therapeutikum wirken, trösten und gerade bei Kindern für Ablenkung und eine Stärkung des Selbstbewusstseins sorgen, meint Bondas. Zupackend und hoffnungsvoll blickt sie in die Zukunft: „Wenn der Krieg zu Ende ist, fängt meine Arbeit erst richtig an!“

Preisgeld wird für die Hilfe genutzt

Seit 2021 ehrt die Carl-Friedrich-Geiger-Stiftung mit dem Christa-Šeric-Geiger-Preis Frauen, die sich auf herausragende Weise in medizinischer Forschung, Kunst, Kultur oder in sozialen Einrichtungen besonders verdient gemacht haben.

Das Preisgeld von 20.000 Euro wolle sie in ihre humanitäre Arbeit fließen lassen. Ob es direkt in ihr eigenes Projekt oder in ein Partnerprojekt fließe, müsse noch geklärt werden, sagt Marina Bondas. Es gebe derzeit zu viele stellen, wo es in der Ukraine brenne. Da die Notlage so groß sei, werde das Preisgeld wahrscheinlich in die medizinische Versorgung fließen.

Der Kriegsbeginn war ein lähmendes Erlebnis

Für Marina Bondas war der Beginn des Ukrainekriegs ein traumatisches Erlebnis. Es habe eine Zeit gegeben, da war sie nicht mehr fähig, die Geige zu spielen, erzählt die Violinistin. Sie habe sich in dieser Zeit auf humanitäre Hilfsarbeit konzentriet, aber heute spiele sie wieder. „Ich muss ja auch schließlich arbeiten“, sagt Bondas im Interview.

Ihre Arbeit werde wieder richtig anfangen, wenn die Ukraine wieder von den russischen Angriffen befreit ist, ist die Violinistin überzeugt: „Das wird mein Lebenswerk sein.“

Ein Jahr Krieg in der Ukraine: Annäherung in unerreichbarer Ferne

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