
Kultur und Unterhaltung nur für Geimpfte?
Sollen gegen das Coronavirus Geimpfte ihre Freiheiten früher zurückerhalten als noch nicht immunisierte Menschen? Private Veranstalter sollten aus Sicht des Ticketverkäufers CTS Eventim in Zukunft zumindest die Möglichkeit haben, nur geimpfte Menschen für Veranstaltungen zuzulassen.
Eventim hat die Technik entwickelt, Impfausweise auszulesen
Sobald sich jeder impfen lassen könne, solle es möglich sein, „eine Impfung zur Zugangsvoraussetzung für Veranstaltungen zu machen“, sagte Vorstandschef Klaus-Peter Schulenberg der „Wirtschaftswoche“. CTS Eventim habe bereits die technischen Voraussetzungen geschaffen: „Wir haben unsere Systeme so eingerichtet, dass sie auch Impfausweise lesen können.“
Er verstehe, wenn Menschen wegen einer Impfung Bedenken hätten, sagte Schulenberg der „Wirtschaftswoche“. „Aber wenn man sieht, wie nun weltweit ohne relevante Nebenwirkungen geimpft wird, dann ist zu hoffen, dass diese Skepsis auch bald schwinden wird.“
Justizministerin Lambrecht findet den Vorschlag legitim
Der Veranstalter S-Promotion hält nichts von dem Eventim-Vorschlag. Es handele sich um eine „Impfpflicht für Konzertbesucher“, erklärte das Unternehmen. Dies sei ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot. „Wir distanzieren uns ganz klar von dieser absurden Idee“, erklärte Geschäftsführer Stefan Schornstein.
Bundesjustizministerin Lambrecht hat keinen grundsätzlichen Einwand gegen den Appell des Unternehmens. „Es macht einen großen Unterschied, ob der Staat Grundrechte einschränken muss oder ob private Anbieter, Angebote für bestimmte Personengruppen machen möchten“, sagte die SPD-Politikerin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland am Mittwoch. Privatunternehmen dürften im Grundsatz selbst bestimmen, mit wem sie Geschäfte machen möchten.
„Juristen sprechen hier vom Grundsatz der Privatautonomie. Wenn zum Beispiel die Restaurants wieder öffnen dürfen und ein Restaurantinhaber dann ein Angebot nur für Geimpfte machen möchte, wird man ihm dies nach geltender Rechtslage schwerlich untersagen können“
Ethikrat unentschieden: Für Staat und Privatwirtschaft gelten unterschiedliche Grundsätze
Der Deutsche Ethikrat hat am Donnerstag, den 4. Februar, eine Stellungnahme über Erleichterungen für Geimpfte veröffentlicht. Das Gremium hält es für falsch, die Corona-Einschränkungen für Geimpfte früher zu beenden. Einen gewissen Entscheidungsspielraum bei einer Sonderbehandlung von Geimpften will der Ethikrat privaten Anbietern von Veranstaltungen einräumen.
Der Rat stellte fest, dass solche Veranstalter „grundsätzlich frei in ihrer Entscheidung sind, mit wem sie einen Vertrag schließen“. Das umfasse „prinzipiell auch die Möglichkeit, nach dem Impfstatus ihrer Gegenüber zu differenzieren“ - dies würde also bedeuten, dass Geimpfte anders behandelt werden dürfen als nicht Geimpfte.
Bundeskanzlerin Angela Merkel bei „Farbe bekennen“ über Sonderrechte für Geimpfte
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte am Dienstagabend in der ARD-Sendung „Farbe bekennen“, derzeit sei nicht klar, ob ein Geimpfter noch andere anstecken könne. Solange das nicht geklärt sei, könne es überhaupt keine besonderen Maßnahmen oder Rechte für Geimpfte geben. Mit Blick auf Menschen, die sich später bei ausreichendem Impfangebot nicht immunisieren lassen wollen, fügte Merkel hinzu: „Dann muss man vielleicht schon solche Unterschiede machen und sagen: Ok, wer das nicht möchte, der kann vielleicht auch bestimmte Dinge nicht machen.“
CTS Eventim ist auch an der Organisation in Impfzentren beteiligt
Nach den Plänen der Regierung sollen bis zum Ende des Sommers alle Bundesbürger die Möglichkeit haben, sich impfen zu lassen. In Schleswig-Holstein organisiert CTS Eventim selbst die Vergabe von Impfterminen. Mit anderen Bundesländern gebe es Gespräche über eine mögliche Zusammenarbeit in der Zukunft, wenn mehr Impfstoff zur Verfügung stehe, sagte Eventim-Vorstandschef, Schulenberg. „Je schneller die Bevölkerung geimpft ist, desto schneller können auch Veranstaltungen wieder stattfinden“, sagte er.