Musikthema

Der Film-Komponist Joe Hisaishi – Zwischen Studio Ghibli und Takeshi Kitano

Stand
AUTOR/IN
Marie-Therese Rudolph
KÜNSTLER/IN
Joe Hisaishi
ONLINEFASSUNG
Dominic Konrad

Joe Hisaishi wird auch der „japanische John Williams” genannt. Acht Mal hat er den japanischen Academy Award bereits gewonnen, knapp hundert Soundtracks und Soloalben sind mit seiner Musik erschienen. Tritt der Komponist, Pianist, Dirigent und Produzent auf, sind seine Konzerte in kürzester Zeit ausverkauft, so auch vergangene Woche bei den Wiener Symphonikern.

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Musiken für die Filme von Hayao Miyazaki und Takeshi Kitano

Die Filmmusiken zu Animes wie „Chihiros Reise ins Zauberland“, „Mein Nachbar Totoro“ oder „Prinzessin Mononoke“, von legendären Regisseuren wie Hayao Miyazaki, dem Oscar-Preisträger und Gründer des Zeichentrickfilmstudios Ghibli, haben den 72-jährigen Japaner Joe Hisaishi berühmt gemacht.

Wenige Filmgenres wie die japanische Form des Zeichentrickfilms haben solch enormen Kultstatus und sind trotzdem der breiten Masse nicht bekannt.

Hisaishi hat auch zu den Filmen von Takeshi Kitano wie dem Roadmovie „Kikujiros Sommer“ oder „Hana-bi“ seine eingängige und von einprägsamen Melodien durchzogene Musik beigesteuert.

Joe Hisaishi: „Hana-bi“

Eigentlich war der Künstlername als Witz gedacht

Dabei ist Joe Hisaishi, der mit bürgerlichem Namen Mamoru Fujisawa heißt, schon während seines Studiums mehr zufällig in dieses Metier gerutscht. Sein Künstlername ist, wie in Japan mit vielen anderen Worten auch üblich, aus dem Englischen ins Japanische übertragen: Quincy Jones.

„Ich habe damals vor allem klassische Musik komponiert und dachte, ich sollte mir also einen klassischeren Namen zulegen“, erinnert sich Hisashi. „Quincy Jones war zuerst als Witz gedacht, dabei ist es aber dann geblieben.“

Hisaishi dirigiert Hisaishi: 2. Sinfonie, „Prinzessin Mononoke“ Suite und Klavierwerke

Eine neue Sinfonie in Zeiten des Lockdowns

Stilistisch ist Hisaishi stark von der amerikanischen Minimal Music beeinflusst, bezieht sich selbst in seinen Anfängen unter anderem auf Eric Satie.

Im Lauf seiner vierzigjährigen Karriere hat er das Komponieren von konzertanten Werken nie ganz aufgegeben. Im Gegenteil: Gerade in Zeiten der Pandemie hat er sich an etwas Großes herangewagt. Seine 2. Sinfonie hat Joe Hisaishi 2020 während der Lockdowns in seinem Studio nahe Tokio komponiert.

„Es war auch der Coronazeit geschuldet, denn normalerweise versuche ich die Leere herauszufordern, an die Grenzen zu gehen, aber da waren alle so aufgeregt, unruhig und schlecht gelaunt. Da hab ich mir gedacht, es wäre besser ein Werk zu schreiben, das die Leute beruhigt und runterbringt, das einfach zu hören ist.“

Es interessiert ihn, wie seine Musik im Konzertsaal ankommt

Was seine Musik bei den Hörerinnen und Hörern auslösen kann, beschäftigt den Komponisten, der seine Antworten stets kurz hält und oft verschmitzt lächelt. Denn die Rezeption im Konzertsaal interessiert ihn auch dann besonders, wenn er selbst dirigiert.

Regelmäßig leitet er das New Japan Philharmonic Orchestra, bei dem er Composer in Residence ist. Mit diesem geht er auf Tourneen durch Europa und Asien. Als Gastdirigent ist er mit verschiedensten Orchestern zu erleben, wie kürzlich mit den Wiener Symphonikern im Musikverein Wien.

Hisaishi dirigiert seine Musik aus „Das wandelnde Schloss“

„Ich muss dafür sorgen, dass ich auch immer genügend Input bekomme.“

Seine Frau habe ihn gefragt, ob er das wirklich machen wolle. „Du bist doch gar kein ausgebildeter Dirigent“, habe sie gesagt. „Willst du das nicht besser die Profis machen lassen?“

So viel Understatement entspricht dem Charakter des bescheidenen Stars, mit dessen Musik die Olympischen Winterspiele 1998 in seiner Geburtsstadt Nagano eröffnet wurden. Dabei ist das Dirigieren ein kreativer Ausgleich, von dem auch sein Komponieren profitiert.

„Als Komponist gebe ich sehr viel Output. Ich gebe immer etwas von mir selbst her“, sagt Hisaishi. „Aber ich muss dafür sorgen, dass ich auch immer genügend Input bekomme, damit das im Gleichgewicht bleibt.“

„Wenn ich als Dirigent irgendwo stehe, dann kann ich den Input zurückbekommen. Ich dirigiere auch viel moderne Musik, weil mich das sehr fasziniert. Dann denke ich immer: Aha, so eine Musik wird heute komponiert, das finde ich sehr spannend, da kann ich mir sehr viele Ideen holen.“

Die Musik zu „Mein Nachbar Totoro“ (1988) gehört zu Hisaishis frühen Erfolgen

Joe Hisaishi beschreitet musikalisch neue Wege

Dem Thema Filmmusik wollte Joe Hisaishi im Interview allerdings nicht allzu viel Platz einräumen. Er halte Hayao Miyazaki für einen hervorragenden Filmemacher und unterstütze ihn bei der Kreation seiner Filme. Aber nicht, weil es Anime-Filme sind. 

Es scheint, als wäre Joe Hisaishi dabei, sich als Komponist stilistisch zu verändern. „Die Musik zu den Filmen von Miyazaki habe ich sehr melodiös gestaltet, aber jetzt bin ich viel minimalistischer unterwegs“, reflektiert Hisaishi. „Das ist mein neuer Ansatz und man wird das in meinen kommenden Werken hören. Ich bin in eine neue Phase eingetreten, in der ich ausprobiere, ob das funktioniert.“

„MKWAJU“, aufgenommen mit dem New Japan Philharmonic World Dream Orchestra

Die neue Kollaboration mit Hayao Miyazaki hat einen minimalistischen Ansatz

Neben dem Komponieren hat Joe Hisaishi zwei Romane und einige Drehbücher verfasst, sich für Theater und Film als Produzent verdient gemacht. Bei all dem sind ihm das Komponieren und die Musik jedoch am wichtigsten. 

Und er gibt freudig bekannt, dass er für den neuesten Film von Hayao Miyazaki erneut mit dem Regisseur kollaboriert: „Die Musik dazu wird aus meiner Feder sein, dieses Mal mit einem sehr minimalistischen Ansatz. Das habe ich jetzt zum ersten Mal auf dieser Welt, hier bei ihnen verkündet!“

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Score Snacks - Die Musik deiner Lieblingsfilme Studio Ghibli - Ein Zauberland für alle!

Kommt alle zum SWR Podcast-Festival! Von 12.-14.01.2023 in Mannheim. Tickets gibts hier: https://www.swr.de/home/podcastfestival-100.html

Joe Hisaishi Musik für „Mein Nachbar Totoro“ und „Chihiros Reise ins Zauberland“ ist zur Essenz der Filme geworden. Obwohl sie auf den ersten Blick simple Musik für Kinder zu sein scheint. Aber auf den zweiten Blick ist sie eine vieldeutige Mischung aus asiatischen und europäischen Klängen.

Malte findet außerdem bei Hisaishis Musik sei für jeden was dabei. Wie Hisaishi das macht und was das japanische Konzept des „MA“ bedeutet, erklärt Malte in dieser Folge Score Snacks:
Studio Ghibli - Ein Zauberland für alle!

Filme: „Mein Nachbar Totoro“ (1988) / „Chihiros Reise ins Zauberland“ (2001)
Regie: Hayao Miyazaki
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Produktion: Malte Hemmerich und Jakob Baumer
Sprecherin: Henriette Schreurs
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Autoren: Malte Hemmerich und Jakob Baumer
Produzent: Jakob Baumer
Line-Producer: Chris Eckardt
Sprecherin: Henriette Schreurs

Kontakt zur Redaktion: podcasts@swr2.de

Weitere Eckdaten zur Folge:
Film: Pixars „Oben"
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Produktion: Malte Hemmerich und Jakob Baumer
Sprecherin: Henriette Schreurs
Redaktion: Chris Eckardt

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KÜNSTLER/IN
Joe Hisaishi
ONLINEFASSUNG
Dominic Konrad