Im vergangenen Herbst spielte das Freiburger Barockorchester an einem ungewöhnlichen Ort: nicht im Konzerthaus, sondern im Planetarium Freiburg. SWR2 Musik hatte das FBO zu einem Videodreh vor Sternenkulisse eingeladen. Das Ergebnis ist eines der berühmtesten Werke für Violine und Orchester vor traumhafter Kulisse.
Das Freiburger Barockorchester hat Vivaldis „Jahreszeiten“ neu eingespielt
Es ist eines der populärsten Musikwerke aller Zeiten: „Die vier Jahreszeiten“ von Antonio Vivaldi. 1725 veröffentlicht der venezianische Komponist sie als Teil seiner Konzert-Sammlung Opus 8 und sie werden ein Riesenerfolg. Schon Mitte des 18. Jahrhunderts spielt man die Konzerte in ganz Europa.
Heute sind sie allgegenwärtig: in Werbung, Playlists und den Diskografien der großen Geigerinnen und Geiger.
Das FBO spielt Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ im Planetarium, jetzt in der ARTE-Mediathek:
Das Freiburger Barockorchester hat die 4 Jahreszeiten nun für SWR2 frisch eingespielt. Es ist die zweite Jahreszeiten-Aufnahme, die das renommierte Originalklang-Ensemble vorlegt. 25 Jahre sind seit der ersten Vivaldi-Produktion des FBO vergangen, doch die Musik wirkt heute noch genauso unmittelbar wie damals auf Konzertmeister Gottfried von der Goltz:
„Die Musik spricht irgendwie mit ihren ganzen Stimmungen: das Naive, der Tiefgang, der Humor, das Sentimentale. Es ist sehr herrlich. Das sind alles die Gefühle, für die wir Musiker geworden sind. Die Musik erfindet sich auch jedes Mal wieder neu.“
Violinist Gottfried von der Goltz spielt mit mehr Gelassenheit als vor 25 Jahren
Die „Vier Jahreszeiten“ sind ein Phänomen. Egal, wie oft man sie im Laufe eines Musikerlebens spielt, oder wie häufig sie einem im Radio oder gar im Fahrstuhl begegnen, Vivaldis Musik behält ihren Zauber.
Die Substanz stecke einfach unmittelbar in der Musik und auch im Leben, sagt Gottfried von der Golz: „Sie erzählt vom Leben, von den Jahreszeiten, von den Temperaturen im Sommer, die einfach ganz elend sind“, erklärt er und fügt hinzu: „Mich packt das jedes Mal aufs Neue.“

Vivaldis vier Jahreszeiten begleiten Geiger Gottfried von der Goltz schon viele Jahre. 1997 spielt er den Solopart aller vier Konzerte, als das Freiburger Barockorchester den Zyklus zum ersten Mal aufnimmt. Seine Interpretation hat sich seitdem gar nicht so sehr verändert, erzählt er. Seine Einstellung als Musiker aber schon:
„Damals war das wirklich das Bestreben, die Musik neu zu entdecken und heute genieße ich es einfach nur noch. Und es ist ein größeres Selbstverständnis irgendwo da, wo man zum Beispiel verzieren muss und wo man die Musik so stehen lassen soll, ganz pur.“
Mehr Mut zur Ruhe vor allem in den langsamen Sätzen
Es seien im Großen und Ganzen die langsamen Sätze, die man so stehen lassen sollte, sagt Gottfried von der Goltz, denn sie stünden fest wie ein Bild. „Damals dachte ich irgendwie: Mensch, der Hund, der muss doch unheimlich laut bellen, da muss doch was los sein. Und ich denke heute einfach: Das ist ein Bild vom schlafenden Hirten und der Hund, der stört ein bisschen diese Aura.“
Im vierten Teil, dem Winter, sei das Thema eine Person, die im Warmen sitzt, während draußen der Regen an die Scheiben prasselt. „Das sind die Pizzicati, die wollte Vivaldi auch stark haben, während der Solo-Geiger etwas im Hintergrund agiert“, erklärt der Violinist. „Das ist eigentlich fast immer so, in diesen langsamen Sätzen. Und trotzdem finde ich heute, sollte man einen Grundaffekt der Idylle finden, also einer Ruhe, die diesen langsamen Sätzen innewohnt.“

Eine Solistin oder ein Solist interpretiert jeweils eine Jahreszeit
Gottfried von der Goltz ist künstlerischer Co-Leiter und Gründungsmitglied des Freiburger Barockorchesters. Auf dieser Aufnahme ist er einer von vier Solisten und Solistinnen. Es ist eine Vivaldi-Besetzung, in der die lange und reiche Ensemblegeschichte des Orchesters mitschwingt.
Im Winter-Konzert spielt Eva Bohri den Solo-Part und im Sommer Peter Barczi. Beide gastieren seit zehn Jahren als Konzertmeister beim Freiburger Barockorchester und sind seit 2021 feste Ensemblemitglieder. Die jüngste Solistin ist Cecilia Bernardini im Herbst: Sie gab in der Saison 2021/2022 ihr Debüt in Freiburg.
Es sollte ein möglichst farbiges Produkt werden, sagt Gottfried von der Goltz, und das berge auch seine besonderen Herausforderungen: „Wie kriegt man vier Solisten wirklich gut in ein Ganzes integriert, ohne dass man sagt, der (eine) passt jetzt aber nicht so rein und der andere macht das jetzt aber ganz toll. Und ich glaube, das ist uns jetzt ganz gut geglückt.“
Musikalischer Farbenreichtum trifft auf Sternen-Bilder
Die Vivaldi-Einspielung des Freiburger Barockorchesters ist Ausgangspunkt für eine Aufnahme, für die der SWR das Freiburger Barockorchester ins Freiburger Planetarium eingeladen hat. Dort spielt das Ensemble Vivaldis Musik vor der Kulisse von Sternenhimmel, Milchstraße und einer Reise durch die Nächte von Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Ein wunderschönes Bild.
Die Mitglieder des Freiburger Barockorchesters selbst haben beim Videodreh von den kosmischen Aussichten allerdings gar nicht so viel mitbekommen, meint von der Goltz: „Mein Blick war beim Spielen natürlich auch ein Stück weit nach innen gerichtet, weil ich natürlich auch weiß, das Audio ist sehr schön gelungen, aber wir machen ja eine Videoproduktion. Und ich finde es wichtig, sich da total drauf zu konzentrieren, dass das Erscheinungsbild so ist, als würden wir da wirklich ein Konzert spielen. Das erfordert eine große Konzentration, nicht nur mit mir selber zusammen zu sein, sondern ich muss mich auch einfach auf die Musik konzentrieren, damit ich richtig drin bin.“
Und das Resultat ist ein barockes Musikfest unterm Himmelszelt für Augen und Ohren: „Vivaldi unter Sternen“.
SWR2 Abendkonzert vom 4.3.2023
Georg Friedrich Händel:
"Zadok the priest", Krönungs-Anthem Nr. 1 HWV 258
Vox Luminis
Leitung: Lionel Meunier
(SWR2 Konzert vom 29. September 2021, Konzerthaus Freiburg)
Antonio Vivaldi:
"Die vier Jahreszeiten" op. 8 Nr. 1-4
Violinkonzert E-Dur RV 26 "Der Frühling"
Gottfried von der Goltz (Violine)
Violinkonzert g-Moll RV 315 "Der Sommer"
Péter Barczi (Violine)
Violinkonzert F-Dur RV 293 "Der Herbst"
Cecilia Bernardin (Violine)
Violinkonzert f-Moll RV 297 "Der Winter"
Eva Borhi (Violine)
(SWR2 Studioproduktion, September 2022 )
Carl Maria von Weber:
"Der Freischütz"
Ouvertüre
Romanze und Arie des Ännchen (3. Akt)
Kateryna Kasper (Sopran)
Leitung: René Jacobs
Wolfgang Amadeus Mozart:
Klavierkonzert Nr. 9 Es-Dur KV 271 "Jeunehomme-Konzert"
Kristian Bezuidenhout (Fortepiano)
Henry Purcell:
Suite für Blockflöten, Oboen, Fagott, Streicher und Basso continuo
Leitung: Kristian Bezuidenhout
(SWR2 Konzert vom 14. Februar 2022, Konzerthaus Freiburg)
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