„Geht Venus abends auf den Strich …“, singt sie, als sich die bemalten Pappwolken vor ihr teilen und die Scheinwerfer gleißen, als wollten sie sichtbar machen, was das seidene Kostüm verbirgt. Halb Göttin, halb Sexsymbol schreitet sie zur Bühnenrampe: die madame opérette.
In Paris wächst sie auf, in Wien pustet sie das Schlagobers vom moralisch ach so integren Publikum, in Berlin lernt sie steppen, bis sie ins Visier eines Regimes gerät, dem sie zu jüdisch, zu ordinär ist.
Verstummt ist madame opérette niemals. Gegenwärtig residiert sie so schrill, sexy, sentimental und subversiv wie nie auf den Bühnen. Die Geschichte der Operette ist die einer Emanzipation. In 3 Akten. Mit Sektflötenfinale.
„Die Operette bleibt an der Oberfläche, aber nicht, weil sie oberflächlich ist, sondern eigentlich, weil man die Tiefe ergründet hat und es einen schauderte und man sich dann fortan schwört, nur noch die schöne Fassade sehen zu wollen.“
Im Galopp geht es durch über 150 Jahre Operettengeschichte: den Kitsch feiernd, der falschen Prüderie trotzend, vorbei am keimfreien Operetten-Mekka Mörbisch hinein ins pralle Show-Eldorado an der Spree, wo Barrie Kosky der Operette die Dämonen der Nachkriegsvergangenheit austreibt und - der Höhepunkt des zweiten Akts - die Diven der Gegenwart auftreten - Daniela Ziegler, Dagmar Manzel und Christoph Marti.

„Wir reden heute von Sexismus, von Objektifizierung, wir reden von Me-Too, das alles ist in der Operette schon seit 150 Jahren vorhanden.“