US-Gitarrenhersteller Gibson meldet Insolvenz an

Das Ende des Gitarren-Kults?

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Samira Straub

Lange schon war Gibson in Finanznöten, am 1. Mai meldete der Gitarrenbauer endgültig Insolvenz an. Mit der Anmeldung präsentierte die Traditionsfirma aber auch Pläne zu einer Umstrukturierung. Die Finanznöte des Kult-Gitarrenbauers aus den USA bewegen Musikfans in aller Welt.

Gibson beantragte vorläufigen Gläubigerschutz, um sich sanieren zu können. Im Rahmen einer Vereinbarung mit den Geldgebern soll Gibson nach Angaben von Unternehmenschef Henry Juszkiewicz einen neuen Kredit in Höhe von 135 Millionen Dollar (113 Millionen Euro) erhalten.

Konzentration aufs Kerngeschäft

Diese Vereinbarung soll bei einer Refinanzierung helfen. Im Zuge der Umstrukturierung soll sich Gibson wieder auf das Geschäft mit Musikinstrumenten sowie Audiosystemem für Profis konzentrieren.

Die Firma war im Zuge ihrer Ausbreitung in andere Branchen in finanzielle Nöte geraten. Vor vier Jahren hatte Gibson die auf Kopfhörer und Lautsprecher spezialisierte Sparte des niederländischen Konzerns Philips für 135 Millionen Dollar gekauft. Zum kommenden 1. August sollten nun Finanzanleihen des Unternehmens in Höhe von 375 Millionen Dollar fällig werden.

Sinkende Absatzzahlen, steigender Schuldenberg

Um Kredite bei Anleihegläubigern zurückzuzahlen, muss Gibson schon länger Mittel zusammenkratzen, wo es geht. "Wir haben Vermögen wie Aktienbeteiligungen, Immobilien und Geschäftsbereiche zu Geld gemacht, die nicht das Erfolgsniveau erreichen konnten, das wir erwartet hatten", räumt Juszkiewicz ein. "Es ist wichtig für unser Geschäft, wieder zu den finanziellen Erfolgen zurückzukehren, die wir einmal hatten". Das Unternehmen arbeite hart dafür.

dfgdKultureller Wandel als Ursache für die Pleite

Könnte es ein größerer und grundlegender kultureller Wandel sein, der Branchen-Urgesteinen wie Gibson, aber auch dem Erzrivalen Fender das Leben schwer macht? Beim jungen Publikum geben heute andere Musikstile und Stars den Ton an - Rap, Hip-Hop und elektronische Musik stehen hoch im Kurs und Teenie-Idole wie Ariana Grande, Justin Bieber oder Taylor Swift setzen in ihrer Musik eher auf Computer-Sounds statt auf den klassischen Dreiklang aus elektrischen Gitarren, Schlagzeug und Bass.

Fest steht: Die große Ära der Gitarren-Helden liegt schon eine Weile zurück, und die Idole machen sich allmählich rar. Ob Motörhead, Black Sabbath, Manowar oder Slayer - die Liste der Bühnenabschiede gitarrenlastiger Bands wird lang und länger. Umso begeisterter werden die Veteranen gefeiert, die im Rockzirkus noch mitmischen.

"Für Gibson wird sich eine Lösung finden"

Beim Musikhaus Thomann, nach eigenen Angaben weltgrößter Onlinehändler für Musikinstrumente, sieht man noch keinen Anlass für einen Abgesang auf die E-Gitarre. Etwa 45 Millionen Euro trugen die elektrischen Saiteninstrumente zum Jahresumsatz von zuletzt rund 770 Millionen Euro bei, sagt Firmenchef Hans Thomann, das Geschäft
entwickele sich stabil. Im gesamten Gitarren-Segment verzeichnete Thomann sogar drei Prozent Umsatzplus.

Für Gibson wird sich nach Einschätzung von Branchenkenner Thomann eine Lösung finden. Die Marke werde nicht untergehen, ist er überzeugt. "Das ist so ähnlich wie Harley Davidson - einfach Kult."

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