Jazz Abgefahrener Sound: Album „Please Disperse“ des Quartetts Tele-Port aus Luxembourg
Die Formation Tele-Port gehört zur blühenden Jazzszene in Luxembourg. Der Sound des Quartetts ist abgefahren, eine Mischung aus Fender-Rhodes-Piano (Jérôme Klein) samt elektronischen Zutaten, einem E-Bass (Pol Belardi), der kräftig in die Sound-Kiste greift, und einem immer wieder abhebenden Saxofon (Zhenya Strigalev). Jeff Herr liefert dazu am Schlagzeug seinen feinmotorischen Anteil.
Mit Tele-Port löst man ein Ticket zu fernen Welten, zumindest weit weg vom ganz normalen „Planet Jazz“. Treibender Groove, hypnotischer Sound und befreiende Improvisationen - das sind die Fixsterne der vier außergewöhnlichen Musiker, meint unser Jazzkritiker Georg Waßmuth.
Jazz Absolut hörenswert: „Alliance“ von Alliance
Sängerin ja - Instrumentalistin - eher nein. Die Geschlechterverhältnisse im Jazz sind bis heute - milde geurteilt - alles andere als ausgeglichen. So erleben es auch viele Musikerinnen im täglichen Ringen um Engagements und Anerkennung. Das Übel bei der Wurzel angepackt haben deshalb vier amerikanische Musikerinnen, Sharel Cassity (Saxofon), Colleen Clark (Schlagzeug), Carmani Edwards (Bass) und Hannah Mayer (Klavier), die ein neues Quartett gegründet und es „Alliance" genannt haben. Das erste Album ist draußen, unser Musikredakteur Georg Waßmuth stellt es vor.
Jazz Absolut hörenswert: „Butterfly“ von Kari Sál und Ensemble
Kari Sál wurde 1993 in Polen geboren und wuchs in einer abgelegenen Gebirgsregion der polnischen Westkarpaten auf. Sie wurde früh musikalisch gefördert und studierte später Opern- wie auch Jazzgesang. Mittlerweile hat sie sich in beiden Musikwelten einen Namen gemacht. Auf ihrem aktuellen Jazzalbum „Butterfly" werden ihre tiefsinnigen Texte durch Reflexionen über die Untiefen des Alltags und schwierige Lebenssituationen geprägt.
Die Sängerin bewegt sich in ganz unterschiedlichen Stilen, Jazz trifft hier auf Indie-Pop. Und sie hatte bei der Aufnahme ein hervorragendes Instrumentalensemble an ihrer Seite - mit dabei ist auch ihr Ehemann, der polnische Stargeiger Adam Bałdych. Auf „Butterfly" empfiehlt sich Kari Sál als Künstlerin mit vielen Stimmen - eine hörenswerte Einspielung mit einem tollen Ensemble, meint unser Jazzkritiker Georg Waßmuth.
CD-Tipp Adès conducts Adès
Der englische Komponist Thomas Adès dirigiert auf dem Album „Adès conducts Adès“ das Boston Symphony Orchestra. In der Liveaufnahme vom März 2019 spielt Krill Gerstein das „Concerto for Piano and Orchestra“ von Adès, das dem Pianisten gewidmet ist und von der New York Times als eine der besten Premieren klassischer Werke 2019 ausgewählt wurde. Manuel Brug mit Höreindrücken.
Album-Tipp Alexander Melnikov: Fantasie – Seven Composers Seven Keyboards
Im neuesten Album von Alexander Melnikov spielt er sieben Komponisten auf sieben verschiedenen Klavieren – passend zur jeweiligen Epoche.
Musikmarkt: CD-Tipp Anthony Romaniuk - Klavierwerke aus 700 Jahren-Bells
Der Australier Anthony Romaniuk fing als Jugendlicher mit Jazz an, studierte in New York klassisches Klavier und widmete sich in den Niederlanden der Alten Musik. Heute spielt er auf den verschiedensten Tasteninstrumenten ein Repertoire aus 700 Jahren. So auch bei seiner ersten Solo-CD „Bells“, die er jetzt bei Alpha Classics veröffentlicht hat. Die kann Hörer*innen schon mal verwirren.
Musikmarkt: CD-Tipp Antoine Tamestit mit Bratschenkonzerten von Georg Philipp Telemann
Der französische Bratschist Antoine Tamestit hat sich vor allem als Kammermusiker einen hervorragenden Ruf erspielt. Mit seiner neuen CD-Einspielung tritt er wieder als Solist hervor, begleitet von der Akademie für Alte Musik – ein reines Telemann-Album, darunter das erste Bratschenkonzert der Musikgeschichte: „Tamestit gestaltet das in den schnellen Sätzen mit Wucht und Verve, in den langsamen blitzt schon das Zeitalter der Empfindsamkeit auf“, meint SWR2-Kritikerin Eleonore Büning.
Album-Tipp Antonín Dvořák: Poetische Stimmungsbilder op. 85 für Klavier
Dvořák komponierte auch für das Klavier, aber diese Stücke werden kaum gespielt. Sein größter Zyklus stammt aus dem Jahr 1889 und heißt „Poetische Stimmungsbilder“. Ein vergessener Zyklus, aber auch einer, der es wert ist, wiederentdeckt zu werden? Ja, sagt der Pianist Leif Ove Andsnes, der nun eine Aufnahme dieser Musik vorgelegt hat.
Appell ans Zuhören: Beethovens „Egmont“ mit dem Beethoven Orchester Bonn
Noch hat das große Beethoven-Jubiläum nicht begonnen, da machen sich auch schon auf dem CD-Markt seine Vorboten mit Neuerscheinungen bemerkbar. Beim Label Dabringhaus & Grimm ist vor kurzem die Schauspielmusik zu Goethes Trauerspiel „Egmont“ op. 84 erschienen. Die Aufnahme entstand als Konzertmitschnitt mit dem Beethoven Orchester Bonn unter der Leitung seines neuen Chefdirigenten Dirk Kaftan. Matthias Brandt war der Sprecher, Olga Bezsmertna die Sopranistin. Burkhard Egdorf stellt die Aufnahme vor.
Debut-CD des Ensembles Arsys Bourgogne Selbstbewusst und vital
Dorothea Bossert über die neue Paraty-CD des Ensembles Arsys Bourgogne unter der Leitung von Mihaly Zeke
Album-Tipp Arvo Pärts „Tractus“ – Die musikalische Wiederbelebung des Traktats
Vor fünf Jahren hat Christine Lemke-Matwey den Komponisten Arvo Pärt in Estland besucht. Jetzt ist bei ECM Pärts neue CD erschienen, „Tractus“.
Posthumes Album von Prince: Piano & A Microphone Aufnahmen wie aus dem Proberaum
Prince starb 2016 im Alter von nur 57 Jahren an einer Überdosis Schmerzmittel. Jetzt erscheint erstmals ein posthumes Album des Ausnahmemusikers: „Piano and a microphone“. Zu hören ist der Musiker allein am Klavier - in unbearbeiteten Aufnahmen von 1983 – so intim wie nie zuvor.
Jazz Aufregend und verzaubernd: Monika Roschers „Witchy Activities And The Maple Death”
Monika Roscher gehört seit geraumer Zeit zur Spitze der Bigband-Leiterinnen in Deutschland. Jetzt liefert die abenteuerlustige Komponistin gemeinsam mit ihrer „Monika Roscher Big Band“ das dritte Album ab: „Witchy Activities And The Maple Death“. Zu deutsch: „Hexenhafte Machenschaften und der Ahorn-Tod“.
Sieben Jahre lang hat Monika Roscher ihre Ideen gesammelt und dann für das Album ausgewertet. Die Texte, die jeweils parallel entstehen, sind oftmals inspiriert durch Zufallsfunde. Auf „Witchy Activities And The Maple Death” wechseln sich groovig-rockige Stücke mit kunstvollen und bombastischen Arrangements ab. Es ist Musik, die grundehrlich, aufregend und verzaubernd ist - meint unser Jazzkritiker Konrad Bott.
Jazz Ausgeprägtes Storytelling: „Tales of Utopia“ von Shalosh
„Tales of Utopia“ ist ein Konzeptalbum, das während der Covid-Pandemie entstanden ist. „Wir hatten die Zeit, uns mit unserer Herkunft zu beschäftigen. Wir lasen Geschichten aus der Bibel oder aus „Tausendundeine Nacht“ und vielen anderen Mythologien“, sagt Pianist Gadi Stern. So sei mitten in einer Zeit des Chaos eine friedvolle Utopie entstanden.
Das Trio Shalosh aus Tel Aviv interagiert auf höchstem Niveau. Es gibt kein melodisches Übergewicht vom Klavier oder instrumentale Schauläufe, mit denen Jazzalben manchmal zu sportlichen Wettbewerben mutieren. Hier ist alles ein Guss, meint unser Jazzkritiker Georg Waßmuth.