Buch-Tipp

Peter Overbecks Buch „Oper“: Im lockeren Plauderton

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AUTOR/IN
Eva Hofem

„Oper“ heißt das neue Buch von Musikwissenschaftler Peter Overbeck. Hier erfährt der Leser, was an dieser Bühnenform so faszinierend ist und warum Mozarts „Zauberflöte“ für den Autor der Opern-Erweckungsmoment schlechthin ist.

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Opernwissen nicht nur für Experten

Irgendwo im All schwebt sie rum, die Königin der Nacht, gesungen von Edda Moser. Was für die Ewigkeit auf Kupferband gepresst wurde, gilt heute für viele als Synonym für die Oper schlechthin. Auch für Peter Overbeck war Mozarts Zauberflöte eines der Erweckungserlebnisse mit dieser Kunstform und seine Leidenschaft steckt alle an, egal ob Opernfrischlinge oder Belcanto-Spezialisten. Authentisch und im lockeren Plauderton beschreibt er in seinem Buch ganz grundlegende Fakten und den Umgang mit dem Phänomen Oper, ohne dabei größeres Fach-Wissen vorauszusetzen.

"Und doch zieht uns das Musiktheater in seinen Bann. Die oftmals archaisch grundierten Geschichten um Themen wie Liebe, Hass, Treue Verrat und Tod wirken berührend, lösen bei Publikum wie Mitwirkenden mitunter starke Emotionen aus."

Herbert von Karajan lässt Opern erstmals wieder in Originalsprache spielen

Der italienische Klassiker „La Bohème“ von Puccini wird in einer Aufnahme von 1952 noch auf deutsch gesungen - auch diesem etwas antiquierten Phänomen widmet sich das Buch. Das sind wertvolle Informationen, die bestimmt nicht jeder Opernkenner aus dem Effeff kennt. Oder wussten Sie, dass erst Herbert von Karajan Opern wieder in ihrer Originalsprache spielen ließ, so wie es heute an fast allen Opernhäusern weltweit der Fall ist? Außerdem klärt Overbeck über die die Aufteilung der einzelnen Stimmfächer auf der Opernbühne auf, zwar etwas vereinfacht, aber für den Einstieg absolut nachvollziehbar.

"Immer bekommt der blöde Tenor die Dame.‘ Diese weit verbreitete Annahme ist durchaus zutreffend. Dass dem so ist, liegt nicht unbedingt an den Verführungskünsten auf der Bühne, als vielmehr an den Besetzungskonventionen des Tenors als Held, ab Richard Wagner auch im Stimmfach des Heldentenors. (…) Und natürlich: keine Regel ohne Ausnahme. Der Mohr Monostatos in der Zauberflöte geht frauentechnisch am Ende leer aus, ist ziemlich böse und trotzdem Tenor."

In diesem leichten und frischen Ton sind im Übrigen auch die Namen der einzelnen Kapitel des nur 100-seitigen Buches aufgemacht: Von der Ouvertüre über die Pause, in der das Publikum und die Opernhäuser erklärt werden, bis hin zur Zugabe und einer Auflistung mit Hörtipps für Zuhause.

Erhellende Einblicke hinter die Kulissen

Overbeck inszeniert quasi schon im Inhaltsverzeichnis eine fünfaktige Oper: Er beginnt bei den historischen Anfängen, schenkt wichtigen Sängern und Dirigenten ebenso Aufmerksamkeit wie internationalen Opernhäusern, beschäftigt sich auch mit dem Thema „Oper und Massenmedien“. Erhellende Einblicke gibt das Kapitel über die Organisation des Opernbetriebs und der Bühnenarbeit.

"Unabdingbar ist ein Verständnis der Zusammenhänge zwischen Text und Musik. Ein guter Opernregisseur weiß nicht nur genau, was in der Musik passiert, sondern auch, wo er Sängerinnen und Sänger oder dem Chor Bühnenaktionen zumuten kann und wann ein koordinierender Blick zum Dirigenten notwendig ist."

Klug platzierte Merkseiten und erfrischende Grafiken

Es ist ganz klar ein Sachbuch, das Reclam hier in gewohntem Taschenlayout veröffentlicht hat. Dennoch wurde auf erklärende Bebilderung weitestgehend verzichtet, denn die Devise des Buches ist eindeutig „Hingehen statt Lesen“. Overbeck verwendet klug platzierte Merkseiten, die ähnlich wie bei einem Schulbuch wichtige Informationen kompakt zusammenfassen. Eine chronologische Übersicht wichtiger Daten der Operngeschichte oder die Top 10 der beliebtesten Opern können so gleichermaßen von Laien und Musikern bedenkenlos zu Rate gezogen werden.

Erfrischend sind auch die kleinen Grafiken, die aus Programmheften und Sozialen Medien zur Veranschaulichung benutzt werden: Komplexe Opernhandlungen als eingängiges Schaubild oder in Form von allgegenwärtigen Emojis. Nicht nur dadurch zeigt Peter Overbeck, dass auch ältere Opern und das moderne Leben absolut kein Widerspruch sein müssen.
Deswegen: Nach der Lektüre am besten alle Vorurteile absteifen und einfach mal in die Oper gehen. Es lohnt sich.

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Eva Hofem