Buch-Tipp

„Lou Koster. Komponieren in Luxemburg“ von Danielle Roster

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AUTOR/IN
Dorothee Riemer
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Der Name Lou Koster ist nur wenigen Experten und einigen Musik-Fans in Luxemburg bekannt. Jetzt hat Danielle Roster eine ausführliche Biografie über die luxemburgische Komponistin geschrieben.

Fünf Celli im Haus, mehrere Geigen, ein Klavier und immer jemand, der gerade Musik machte: Das war die Umgebung, in der Lou Koster aufwuchs. 1889 als Anna Maria Luise, genannt Lou, geboren, wurde Koster vor allem von ihrem Großvater, einem pensionierten Militärmusiker am Klavier und an der Geige unterrichtet, später auch von ihrer Mutter. Koster hatte das absolute Gehör und trat bereits jugendlich als Musikerin mit Unterhaltungsmusik auf. Schon früh scheint sie sich auch fürs Komponieren interessiert zu haben.

Die Musikwissenschaftlerin Danielle Roster beschreibt Lou Kosters Leben auf über 200 Seiten detailliert, aber immer übersichtlich in kurzen thematischen Abschnitten, die sich sehr gut lesen lassen. Wir lernen Koster als begabte Musikerin, aber auch begeisterte Sportlerin kennen, wir erleben sie als Film- und Unterhaltungsmusikerin, als Lehrerin am neu gegründeten Konservatorium, als Ensemblegründerin und wir verfolgen ihr zunehmendes Selbstbewusstsein als Komponistin. In einem zweiten Teil des Buches setzt sich die Autorin dann mit Kosters Kompositionen und deren Aufführungen bei Radio Luxemburg auseinander.

Roster ist die erste Wissenschaftlerin, die Werk und Leben von Lou Koster systematisch aufgearbeitet hat. Dafür trug sie in jahrelanger Arbeit zahlreiche Quellen zusammen und führte Zeitzeugen-Gespräche mit Familienangehörigen sowie Kollegen und Kolleginnen.

„Setzt man sich kritisch mit der Biografie und der Musik von Lou Koster sowie mit ihren ästhetischen Entscheidungen auseinander, ist es unerlässlich, dies vor dem Hintergrund ihres gesellschaftlichen und kulturellen Umfelds, ihrer orts- und zeitgebundenen Grenzen und Möglichkeiten zu tun. Eine Schwierigkeit, die sich beim Schreiben dieser Biografie, die dem Kontext besondere Beachtung schenkt, stellte, war, dass die Musikgeschichte Luxemburgs noch weitgehend unerforscht ist. Um das musikalische Umfeld zu beleuchten, musste daher weiter ausgeholt werden.“

Danielle Rosters Betrachtungen gehen bereits im biografischen Teil über das chronologische Erzählen hinaus und liefern den Kontext, die Folie, vor der das Leben der Komponistin zu verstehen ist: Die Frauen-Emanzipationsbewegung in Luxemburg, das luxemburgische Musikleben, die deutsche Besatzung während des Zweiten Weltkriegs oder das Musikprogramm Radio Luxemburgs werden knapp und informativ erläutert. Außerdem reflektiert die Autorin die musikgeschichtlich periphere Lage Luxemburgs und deren Auswirkung auf Kosters Biografie.

„Über Kultur und kulturelle Identität wird an der Peripherie anders nachgedacht als in den Zentren und diese Reflexionen und Selbstbilder hinterlassen ihre Spuren in Kunst, Literatur, Musik, die in diesen Räumen entsteht. Lou Koster war es z. Bsp. sehr wichtig, von einem breiteren Publikum verstanden zu werden, es ging ihr nicht darum, Musik nur für eine kleine, elitäre Gruppe von Kennern zu schreiben. Sie komponierte ihre Musik so, dass auch ein intellektuell oder musikalisch nicht so hoch gebildetes Publikum Freude daran haben konnte, und bezog lokale Musiktraditionen mit ein.“

Kosters Musik ist durchgehend tonal und entstand von den 1910er Jahren bis in die 70er. Avantgardistischen Werke begegnete man im Luxemburger Musikleben ablehnend, sie wurden faktisch nicht aufgeführt. Koster orientierte sich an der klassisch-romantischen Tradition und hatte das Ziel, einfach, klar und verständlich zu schreiben.

Trotz umfangreichem Oeuvre und erfolgreichen Aufführungen zu ihren Lebzeiten – gegen Ende ihres Lebens wurde sie sogar als luxemburgische Nationalkomponistin bezeichnet – musste Lou Koster doch immer um Aufmerksamkeit und Anerkennung für ihr kompositorisches Schaffen kämpfen. An einen Nachruhm scheint sie nicht geglaubt zu haben, denn sie selbst tat nichts dafür, ihr kompositorisches Schaffen der Nachwelt geordnet zu hinterlassen. Es ist Danielle Rosters Buch zu verdanken, dass wir trotz dieser Hindernisse nun einen so umfangreichen und klugen Einblick in Kosters Leben und Werk haben. Eine klare Leseempfehlung!

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Dorothee Riemer