Konzert

Wohnzimmeratmosphäre zum Mitsingen: Herbert Grönemeyer in Mannheim

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AUTOR/IN
Christiane Falk

Herbert Grönemeyer hat im vergangenen Jahr seine „20 Jahre Mensch“ Tour wegen einer Corona-Erkrankung absagen müssen. Seit rund zwei Wochen ist er nun auf „Das ist los“-Tour und stellt sein neues gleichnamiges Album in den Mittelpunkt der knapp dreistündigen Konzerte.

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Knapp 15.000 Besucher in der Mannheimer SAP-Arena

„Das ist los“ heißt das neueste Album von Herbert Grönemeyer und „Das ist los“ ist auch das Motto der aktuellen Tour. Knapp 15.000 Besucherinnen und Besucher sind in der ausverkauften Arena in Mannheim dabei, und sie feiern ihre eigene Party schon, bevor Herbert Grönemeyer mit seiner großen Band die Bühne betritt.

La Ola-Wellen vorab, zu Konzertbeginn aber erklingen erstmal leise, nachdenkliche Töne. Grönemeyer läuft ganz alleine den Steg entlang, von der großen Bühne auf eine kleine Rundbühne mitten im Zuschauerbereich. Ein weißes Klavier fährt aus dem Boden empor, er setzt sich und stimmt das Lied „Tau“ an. Es ist das wohl berührendste Stück des neuen Albums. 

Berührend: „Tau“ von Grönemeyers Album „Das ist los“

Grönemeyer macht mit seiner Musik Hoffnung

Ein wenig wehmütig klingt er darin, aber auch Dankbarkeit ist herauszuhören. Herbert Grönemeyer ist 67, dreifacher Vater. Natürlich weiß er, dass er nicht ewig leben wird, spricht aber ohne Zögern davon, noch zwanzig Jahre weiter Musik zu veröffentlichen.

In einem Song Ende der 1990er-Jahre hat er mal gesungen: „Stillstand ist der Tod, geh voran, bleibt alles anders“, und er scheint genauso zu leben, beobachtet das Hier und Jetzt. In Deutschland und weltweit.

Anders als andere große Pop- und Rockstars bezieht er Position zu hitzig diskutierten Themen. In Talkshows, aber auch im Konzert. Er sagt, die Deutschen zeichne immer wieder aus, dass sie in Not geratenen Menschen die Hand reichen würden und offen seien. Er singt nicht gegen Randgruppen, die ausgrenzen, er singt für alle, macht Hoffnung und predigt den Zusammenhalt wie im neuen Song „Deine Hand“ 

Musikvideo „Deine Hand“

Grönemeyer politisch: Bei Klimaklebern ist das Publikum geteilter Meinung

Herbert Grönemeyer gelingt es im Konzert, die Menschen auch bei diskussionswürdigen politischen Themen nicht zum Verstummen zu bringen. Nur bei der Ansage zu „Oh oh oh“, einem Song über den Klimakampf der jüngeren Generation ermattet der Beifall in Mannheim.

Er spricht von Klimaklebern, die doch wohl keine kriminelle Vereinigung seien und da ist zu spüren, dass keinesfalls alle in der Halle seiner Meinung sind. Aber Zeit, zu diskutieren, ist natürlich auch keine, und wer wie Grönemeyer seit vierzig Jahren Hit auf Hit schreibt, vergisst neben den aktuellen Problemen auch nicht die Emotionen und Themen der 1980er- und 1990erJahre.

Neben tagesaktueller Wertevermittlung soll das Konzert natürlich auch eine ausgelassene Party sein und die romantischen Zwischentöne dürfen auch nicht fehlen.

Plattenkritik: Grönemeyers neues Album ist eins seiner vielseitigsten

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Das „groovigste und besttanzende“ Publikum der Tour in Mannheim

Dem Mannheimer Publikum attestiert Grönemeyer, es sei das „groovigste und besttanzende“ der gesamten Tour. Dazu unterstützen ihn die knapp 15.000 Zeile für Zeile, besonders laut bei Klassikern wie „Flugzeuge im Bauch“, „Alkohol“, „Vollmond“ oder auch „Männer“.

Grönemeyers großes Talent ist es, in einer Mehrzweckhalle Wohnzimmer-Atmosphäre zu schaffen. Am Ende, nach fast drei Stunden Spielzeit und mehr Zugaben als in den anderen Städten, bleibt die Erkenntnis, dass er die Menschen mit Charme, Witz und Direktheit mühelos erreicht. Nicht nur, wenn sie mit ihm im Kollektiv die Arme schwenken und seinen größten Hit mitsingen. 

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Album Kritik Herbert Grönemeyers neues Album „Das ist los“: Fette Beats und melancholische Klavierballaden

Auf dem neuen Album „Das ist los“ präsentiert Herbert Grönemeyer fette Beats, die ihm jüngere Elektroniker basteln, und schreibt als Kontrapunkt melancholische Klavierballaden. Herbert Grönemeyer wagt musikalisch und textlich den maximalen Spagat – mit fast 67 Jahren bleibt bei ihm künstlerisch erfreulicherweise erneut alles anders.

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Christiane Falk