„Insomnia“ von Trettmann und seinem Produzententrio KitschKrieg ist ein gelungener Abschied von einem der klügsten und vorausschauendsten Projekte des deutschen Rap. Noch persönlicher und tragischer als je zuvor. Trettmanns Talent, viele verschiedene Stile zu vereinen, treibt er auf die Spitze: mit Feature-Gästen wie Lena Meyer-Landrut und Herbert Grönemeyer.
Ein Konzeptalbum über das Ende einer Beziehung
Auf den ersten Blick ist alles wie immer bei Trettmann. Der 49-Jährige singt in seinen typisch halbvollendeten Sätzen über die Liebe und deren Vergänglichkeit.
Auf seinem neuen Album „Insomnia“ erzählt Trettmann keine fiktiven Liebesgeschichten mehr. Der Rapper verarbeitet das Ende einer zwanzigjährigen Beziehung. Als Konzeptalbum angelegt erzählt es von seiner Entwicklung. Davon, wie sich der Mann mit gebrochenem Herzen langsam berappelt. Es beginnt logischerweise am Tiefpunkt.
Der Titel „Sechs Nullen“ spielt auf die Million an, die der Rapper mit seinen Stammproduzenten KitschKrieg verdient hat. Es scheint, als hätte er mit Mitte 40 alles gewonnen.
Bindender Charakter
Dabei verliert er, ohne es damals zu bemerken, auch etwas. Er wird Vater, ist monatelang auf Tournee und kaum zu Hause, das Ende der Beziehung naht, die Schattenseite des Erfolgs.
Nach drei düsteren Titeln klart es auf, Bühne frei für die ESC-Gewinnerin Lena Meyer-Landrut. Ein Talent von Trettmann: Weil er so viele Stile – Rap, Trap, Dancehall und Pop – vereint, ist er zum Konsens geworden.

Zu einer Marke, auf die sich viele Menschen einigen können. Der bindende Charakter spiegelt sich auch in der Wahl seiner Feature-Gäste wider: Herbert Grönemeyer zu featuren, den Meister pathetisch-abgedroschener Texte, ist gewagt.
Keine Scheu vor dem Stilbruch
Der Song „Stefan Richter“, nach Trettmanns bürgerlichem Namen, ist eine in Musik gegossene Plattitüde: Der Erfolg habe sie beide nicht verändert, sie seien auf dem Boden geblieben. Wer wollte uns das nicht schon alles verklickern?
Ein PR-Coup. Die beiden haben nie miteinander gesprochen. Trettmann und KitschKrieg zeigen wieder, dass sie die Regeln der Musikverwertungsindustrie perfekt beherrschen: kurze auf den Punkt produzierte Titel, wie es „der Markt“ verlangt.
Mit einer Balance zwischen Herzschmerz und Clubsound und vor allem keiner Scheu vor dem Stilbruch.
Trostlosigkeit mit guter Laune bekämpfen
Trettmann ist mit der Zeit gegangen, hat die Puristen hinter sich gelassen und als einer der Ersten in Deutschland auf hoher Qualität seine Stimme mit Auto-Tune moduliert. Damit bewiesen, wie man neue Moden für sich nutzen kann.
Man soll aufhören, wenn es am besten ist. Tatsächlich ist „Insomnia“ ein gelungener Abschied von einem der klügsten und vorausschauendsten Projekte des deutschen Rap – persönlicher und tragischer als je zuvor.
Trettmann hat die Trostlosigkeit schon immer mit guter Laune bekämpft, ob es die ostdeutsche Plattenbausiedlung war oder jetzt das Ende einer Liebe.
Doku Ein Junge aus Ludwigshafen - Doku über Rapper Apache 207
2019 taucht auf YouTube ein großer junger Mann auf, mit Dutt und Sonnenbrille und einer ungewöhnlichen Stimme. Einer, der Musik-Videos mit wenig Aufwand in seiner Hood dreht: In Ludwigshafen-Gartenstadt, zwischen den Plattenbauten. Apache207 heißt der Rapper, mit Hits wie „Brot“ und „Roller“ erobert er die Charts.
Ein kometenhafter Aufstieg. Nur wer ist dieser Volkan Yaman alias Apache 207 eigentlich? Kein einziges Interview hat er gegeben. Jetzt kommt er in der Amazon-Doku „Apache bleibt gleich“ selbst zu Wort, neben seinem Team aus Jugendfreunden, Rap-Kollegen und Produzenten. Eine Doku, die zur Legendenbildung beitragen soll, und die die Heldengeschichte eines Jungen erzählt, der versucht, er selbst zu bleiben.