Der Song „Rich Men North of Richmond” des eigentlich unbekannten Country-Sängers Oliver Anthony hat innerhalb von 2 Wochen die Spitze der US-Billboard-Charts erreicht. Sein Song spricht von Arbeitsbedingungen, Steuern und Sozialhilfebetrug und hat für kontroverse Debatten gesorgt.
„Der Song bedient sich durchaus einer amerikanischen Tradition der Protest-Volkslieder”, erklärt Prof. Dr. Martin Lüthe, Kulturwissenschaftler vom John F. Kennedy Institut in Berlin.
Den Nerv einer bestimmten politischen Gruppe getroffen
„In der Tradition der amerikanischen Volksmusik stellen die Songs eine Art Diagnose der Gesellschaft”, findet Lüthe. Sicherlich behandle der Song von Anthony aktuelle sozio-ökonomische Problematiken des Landes, die einen Nerv treffen – insbesondere den Nerv einer eher konservativen Gruppe.
In einer digitalen Welt schaffe der Song auch „in Windeseile seine eigene Popularität durch das Teilen dieser Gruppe zu multiplizieren.“
Ein typisches Genre für weiße Männer
Anders als in Deutschland sei in den USA typischer die Assoziation eines Genres zu einer bestimmten politischen Richtung. Obwohl das Genre Folk-Blues-Country zwar vielfältige Wurzeln, sowie Einflüsse von afroamerikanischen Idiomen habe, sei es mittlerweile in die in diesem Fall dargeboten Form durchaus ein typisches Genre für weiße Männer.
Die Macht der Popkultur in politischen Diskursen
Einige politische Akteurinnen haben sich zu dem Song geäußert und sogar Bezeichnungen gegeben wie: „Der Song spricht aus der amerikanischen Volksseele“, so Lüthe. Daher sei davon auszugehen, dass einige von ihnen durchaus kalkulieren, dass „Popkultur Stimmungswandel hervorbringen kann.“
Zeitwort 28.11.1925: In Nashville startet die älteste Radioshow der USA
Der Fiddler Uncle Jimmy Thompson hat vor 95 Jahren die Grand Ole Opry Show eröffnet. Die wöchentlich gesendeten Country Music-Konzerte haben bis heute Kultstatus.
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Im Feuilleton mehren sich kritische Stimmen über „Wokeness“ und „Cancel Culture“ auf Bühnen. Der Vorwurf: Die Theater und Bühnen betrieben Aktivismus auf Kosten der Kunst. SWR2 Musikredakteurin Hanna Schmidt wundert sich, dass gewisse Herren sich jetzt über hochpolitisierte Inszenierungen auf der Bühne beschweren, es aber nie über die Arbeit eines Heiner Müller oder Frank Castorf taten. Die aktuelle Ästhethik habe „eine ernsthafte Auseinandersetzung verdient und kein beleidigtes Geraune“, fordert sie in ihrem Kommentar.