Kaum eine andere deutschsprachige Band singt so schön und so poetisch von der Melancholie des Alltags wie Element of Crime. „Morgens um vier“ heißt das neue Album der Berliner Band um Sven Regener, das erste nach dem Tod ihres langjährigen Bassisten David Young.
Sonntag ist kein Lieblingstag
Der Sonntag hat es ihnen angetan: Keinen anderen Wochentag haben die Herren von Element Of Crime in ihrer fast 40-jährigen Karriere häufiger besungen.
Nach Stücken wie „An einem Sonntag im April“ und „Am ersten Sonntag nach dem Weltuntergang“ heißt es auf dem neuen Album: Wieder Sonntag. Und das nicht, weil der Sonntag ihr Lieblingstag ist, eher im Gegenteil, erklärt Element-of-Crime-Gitarrist Jakob Ilja. Bei ihm geht die Sonntagsabneigung zurück bis in die Kindheit.
„Spätestens nach „Bonanza“ war klar: Morgen kommt die Schule wieder. Schon am Nachmittag stellte sich das Gefühl ein von „Ich kann den Tag nicht genießen, obwohl es ein komplett freier Tag ist“. Das bin ich nicht los geworden“, sagt Ilja.
Ein guter Song darf nie langweilen
Auch beim mittlerweile 15. Studioalbum von Element of Crime ist die Band ihrer Arbeitsweise treu geblieben: Mit den vielen Songideen zu „Morgens um vier“ wurde so lange geprobt, gespielt, improvisiert, bis sich bei den zehn besten Stücken das Gefühl einstellte: Ja, da ist etwas, das ist unser Ding, sagt Sänger und Texter Sven Regener.
„Es geht nur darum, dass ein Song gut ist. Dass er so gut ist, dass man bereit ist, ihn 100 Mal hintereinander zu spielen, ohne das es ein einziges Mal langweilt. Das macht einen guten Song aus.“
Lieder über die Liebe
Nachdem das Vorgänger-Album mit dem Titel „Schafe, Monster und Mäuse“ reichlich Bezüge zu Berlin hatte, der Heimatstadt der Band, geht es auf „Morgens um vier“ textlich vor allem um die Liebe – um die unglückliche natürlich, denn ohne Melancholie geht es ja nicht bei Element of Crime.
Nur im Stück „Alles in Ordnung“ ist ein Hauch vorsichtiger Euphorie zu hören, und mit etwas Interpretationswillen auch ein Kommentar zur aktuellen Weltlage mit der Zeile „alle Kriege sind vorbei“.
Alles ist in Ordnung
Es ist der vertraute Element-of-Crime-Sound, der einem beim Hören vom ersten Ton an ein gutes Gefühl gibt. Diese Mischung aus Rock, Blues, Folk und Chanson und Sven Regeners lakonischen Texten.
Die Lust am Musikmachen ist der Band deutlich anzuhören, sie spielt präzise und lässig, mal gefühlvoll, mal kraftvoll - und wagt sogar ein paar Experimente mit einem elektronischen Schlagzeug, einem Gospelchor und einem Duett mit dem Sänger der Band Isolation Berlin, Tobias Bamborschke.
Der Titelsong ist der längste der Bandgeschichte
„Morgens um vier“, das neue Album von Element of Crime, reiht sich mit seiner Stimmung und Sven Regeners Beobachtungen wunderbar ein ins umfangreiche Gesamtwerk der Band.
Und weil der Titelsong mit knapp sieben Minuten der längste Song der bisherigen Bandgeschichte ist, überragt „Morgens um vier“ sogar alle anderen Alben ein kleines bisschen – zumindest um ein paar Sekunden.
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Buchkritik Sven Regener - Glitterschnitter
„Glitterschnitter“ heißt in Regeners Roman eineBand. Experimentelle Popmusik mit Bohrmaschine und Eierschneider. Im Dunstkreis von Punk, Freaks, Szene und Hausbesetzungen kämpfen ein paar junge Menschen um das richtige Verhältnis von Faulheit und Selbstverwirklichung. Seit seinem Riesenerfolg „Herr Lehmann“ schreibt Sven Regener, Frontmann der Band „Element of crime“, gut gelaunt und aufgekratzt über Berlin-Kreuzberg in den 80er Jahren. Langweilig wurde das bisher weder dem Autor noch seinen Lesern.
Rezension von Alexander Wasner.
Galiani Verlag, 480 Seiten, 24 Euro
ISBN: 978-3-86971-234-5