Ein kräftiger Bogenstrich – der Auftakt zu einem alten Protestsong aus dem Repertoire von Pete Seeger. Ein Schlägertrupp soll einen Gewerkschafter der Bergarbeiter einschüchtern, der entkommt ihnen jedoch knapp. Mit seiner Neu-Interpretation trifft der Sänger Lee Knight genau den Kern des Songs „Which side are you on?“ – Auf welcher Seite steht ihr?
Würdigung der Legende Pete Seeger
Das Kronos Quartet hat seine Huldigung an Pete Seeger mit erheblichem Aufwand realisiert. Eine illustre Schar an Gästen wurde eingeladen, um die Legende zu würdigen. Pete Seeger, geboren 1919 in New York, griff nach einem abgebrochenen Studium der Soziologie zur Gitarre. Gemeinsam mit Woody Guthrie reiste er monatelang durch die USA und gab Konzerte. Hochbetagt erinnerte sich Seeger in einem Interview an seine Anfänge als Protestsänger.
Schon bald habe er gemerkt, dass Konzerte für ihn die einzige Möglichkeit waren, an den bestehenden Verhältnissen vielleicht etwas zu verändern. Immerhin sei dies die Zeit gewesen, in der FBI-Chef J. Edgar Hoover in Amerika eine Art Faschismus einführen wollte und landesweit Lager für 12.000 Menschen plante, was Präsident Truman und der Kongress verhindert haben. Aber Seeger selbst sei eine der Personen gewesen, die dort hineingesteckt werden sollten.
Unbekannte Songs, alte Klassiker und aktuelle Themen
Aus dem gewaltigen Opus von Pete Seeger hat das Kronos Quartet Bekanntes und Unbekanntes für das Porträt ausgewählt. Alle Stücke wurden speziell für das Quartett und seine Gäste arrangiert, das ist rundum gelungen. Obwohl die Songs von Pete Seeger Klassiker geworden sind, schneiden sie doch immer noch aktuelle Themen an: Wie steht es mit unserer Solidarität, was bedeutet uns die Freiheit, wie gehen wir mit unserer Umwelt um?
Zum Protestieren und Auftreten nie zu alt
Höhepunkt des Albums ist eine gut 16 Minuten lange Collage aus Interview- und Songausschnitten mit Pete Seeger. Das Kronos Quartet hat sie in ein neues Soundkostüm verpackt, aber man kann die intensive Stimme des Protestsängers und seine Message deutlich hören. Pete Seeger hat sich nie aufs Altenteil zurückgezogen. Mal protestierte er gegen das Fracking in den USA oder schrieb einen Brief an Wladimir Putin und forderte die Freilassung inhaftierter Greenpeace-Aktivist*innen.
Noch bis kurz vor seinem Tod im Jahr 2014 gab der 94-Jährige Konzerte, auch wenn seine Stimme nicht mehr mitmachen wollte. Aber er wusste sich zu helfen. Er sang die erste Zeile und das Publikum machte den Rest – zur Zufriedenheit des Sängers, wie er sagte:
„Ich freue mich bei jedem Song, den ich noch einmal hören darf.“
Mit seinem Konzept-Album „Peter Seeger – Long Time Passing“ veröffentlichen das Kronos Quartet und seine Gäste eine absolut hörenswerte Huldigung. Das Denkmal wird umrundet und alle Ständchen abwechslungsreich dargeboten. Etwas Pathos schadet da nicht, schließlich war der Sängerpoet kein Leisetreter.