Albumkritik

,,Hitstory": Fettes Brot winken zum Abschied mit einem Best-Of-Album

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AUTOR/IN
Dirk Schneider
KÜNSTLER/IN
Fettes Brot

Fettes Brot sind Geschichte - und das im Wortsinn. Nach 30 Jahren gehen die Hamburger Hip Hopper getrennte Wege. Zum Abschied erscheint allerdings nochmal ein Best-Of-Album, das zeigt, wie einzigartig der Rap dieses Trio war. Von wegen Gangster! Fettes Brot ging es immer um die Pointe, nie um Beleidigung.

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Ein typisches Hamburger Gewächs

Hört man „Jein“, einen der größten Hits der HipHopper Fettes Brot, könnte man sie fast mit den Fantastischen Vier aus Stuttgart verwechseln. Ansonsten ist das Trio aber ein typisches Hamburger Gewächs: Dicke Hose und großes Maul, aber immer mit einem Augenzwinkern und bereit, sich selbst zu hinterfragen. Mut haben sie bewiesen, als sie sich 2001 als „Schwule Mädchen“ outeten.

Die Radiosender, die das Stück damals nicht spielen wollten, hatten etwas missverstanden: „Schwule Mädchen“ ist kein Schmählied, sondern ein Bekenntnis gegen Homophobie und Sexismus im deutschen HipHop, in dem die Worte „schwul“ und „Mädchen“ einst zu den beliebtesten Beleidigungen gehörten.

Fettes Brot ließen keinen Kalauer aus

Doktor Renz, König Boris und Björn Beton – so die Bühnennamen der drei, die ursprünglich nicht aus Hamburg, sondern aus dem Landkreis Pinneberg stammen – sind zum Glück nie auf die Idee gekommen, sich an falscher Ghetto-Romantik zu versuchen. Was sie durch ihre bürgerliche Herkunft an vermeintlicher HipHop-Authentizität vermissen ließen, machten sie mit Wortwitz wieder wett.

Sie ließen keinen Kalauer aus – man denke an Albumtitel wie „Auf einem Auge blöd“ oder „Fettes Brot für die Welt“ -, feuerten die Wortspiele aber in einer Dichte raus, dass es einen sprachlos machte. Dann ließen sie wieder alle Ironie beiseite, wenn sie in einem Stück wie „An Tagen wie diesen“ über ihre Privilegien reflektierten.

Nach 30 Jahren soll jetzt Schluss sein mit Fettes Brot

30 Jahre gab es Fettes Brot – „dreimal so lang wie die Beatles“, wie die Band selbst sagt – und jetzt soll Schluss sein. Eine Abschiedstour, und ein Best-Of-Album mit dem schönen Titel „Hitstory“ gibt es noch, und vielleicht reicht es dann ja schon für eine ordentliche Rente?

Vielleicht aber auch nicht, zu oft schon wurde mit solchen Ankündigungen ein gutes Geschäft gemacht - ein Geschäft, das dann doch zu gut war, um es aufzugeben. Gerade sieht man es wieder an den Gruselrockern von Kiss, die nach ihrer Abschiedstournee jetzt noch mal auf die „Final Tour Ever“ gehen.

Ihre Musik war und ist Vergnügen, nicht Notwendigkeit

Aber nichts für ungut, liebe Brote, vielleicht macht ihr auch wirklich ernst. Die große Ära des weißen Hamburger HipHop ist sowieso schon lange vorbei. Er spielte in einer völlig anderen Welt als der Gangsta-Rap aus Berlin, Offenbach und anderswo, ihm war die gelungene Pointe immer wichtiger als die Beleidigung, die Abgrenzung.

Denn Fettes Brot und andere Hamburger Formationen wie Fünf Sterne Deluxe oder Eins Zwo rappten nicht, um ihren Platz in der Gesellschaft zu behaupten. Sie rappten, weil sie konnten, nicht weil sie mussten. Ihre Musik war und ist Vergnügen, nicht Notwendigkeit, Eklektizismus statt Existentialismus. Fettes Brot haben sich entsprechend schnell gelangweilt, haben sich Pop und Soul zugewandt und sogar einen Song mit James Last aufgenommen.

Vermutlich bleiben Fettes Brot als sympathische Spaß-Band in Erinnerung

Ein Stück, das sich übrigens nicht auf „Hitstory“ befindet, hier beschränken sich Fettes Brot auf ihre Greatest Hits. Insgesamt ist das ein etwas glatter Abgang für eine Band, die immer dann am besten war, wenn sie irritiert oder sich quergestellt hat. Aber das war in 30 Jahren dann doch nicht oft der Fall. Am Ende werden Fettes Brot wohl vor allem als sympathische Spaß-Band in Erinnerung bleiben. Und wahrscheinlich sind sie damit ganz zufrieden, ihr Abschieds-Song „Brot weint nicht“ legt es nahe.

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