Das Album ist Rhythm & Blues-Sängerinnen gewidmet
„I hold no grudge” ist ein Klassiker, den vor vielen Jahren Sängerin Nina Simone im Repertoire hatte – mit diesem Klassiker eröffnet Bettye LaVette ihr neues Album. Die Stimme der Sängerin ist keineswegs perfekt, sondern vom Leben gezeichnet. Doch mit 74 Jahren wollte die LaVette noch einmal ihren Fixsternen huldigen.
„Es begann im Jahr 1948 und erlebte seine Blütezeit in den 1960er Jahren. Bekannte Namen wie Billie Holiday oder Dinah Washington sind damit verknüpft aber auch welche, die fast schon in Vergessenheit geraten sind. Es gab jedenfalls eine ganze Riege hochbegabter Frauen in dieser Ära.”
Künstlerin mit enormem Durchhaltevermögen
Aufgewachsen ist Bettye LaVette in der Musikmetropole Detroit und wurde bereits als 16-Jährige entdeckt. Doch nach einem einzigen Hit im Jahr 1962 kam die Karriere ins Stocken. LaVette tingelte durch miese Bars und verdiente ihre Brötchen als Musical-Darstellerin. In ihrer Biografie „A Women Like Me“ schreibt sie schonungslos über die „Zuhälter der Musikindustrie“, die schwarze Frauen nicht nur finanziell ausnahmen.
So ist es von besonderer Bedeutung, dass sie auf ihrem Album den Song „Blackbird“ von Paul McCartney interpretiert. Der Text dieses Songs gebe absolut perfekt ihre Situation wieder, so LaVette, denn es gehe darum, nicht fliegen zu können, ein „blackbird“, ein „Schwarzer Vogel“, eine Amsel zu sein.
„Als ich ihn vor nicht allzu langer Zeit das erste Mal vor einem riesigen Publikum in der Hollywood Bowl anstimmte, kamen mir die Tränen. Auf diesen Moment hatte ich mein ganzes Leben lang gewartet.”
Packende Authentizität
Bettye LaVette präsentiert nicht einfach nur Cover-Versionen bekannter und weniger bekannter Songs. Sie füllt diese Stücke mit packender Authentizität. Egal, ob es um Beziehungen oder die Gesellschaftskritik geht. Den Alltags-Rassismus kennt sie seit frühester Jugend. Noch in den 1960er Jahren wurden ihre Platten von keinem „weißen“ Radiosender abgespielt.
Aktualität erhält das Album durch den gewaltsamen Tod von George Floyd und die Protestbewegung „Black Lives Matter”. Es gehe um den systematischen Rassismus, sagt Bettye LaVette, das sei eine neue Qualität in der Auseinandersetzung mit den grundlegenden Problemen der Gesellschaft. Noch habe niemand eine Lösung parat, aber die schwarzen Amerikanerinnen und Amerikaner seien auf dem Weg und das sei der tragende Gedanke.
Nerv der Zeit getroffen
Mit dem Album „Blackbirds” ist Bettye LaVette ein großartiger Wurf und ein klangmächtiges Statement gelungen. Selten spricht der Jazz so direkt und intensiv zu uns. Mit ihrer fulminanten Neuveröffentlichung trifft die Sängerin den Nerv der Zeit.