Best of Jazz

Das sind die besten Jazzplatten des Jahres 2019

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AUTOR/IN
Günther Huesmann

Altmeister John Coltrane hat es ebenso unter die Top 12 geschafft wie die elektronisch-futuristischen Fantasien von The Comet is Coming. 2019 brodelte es gewaltig in den kosmopolitischen Jazz-Schmelztiegeln von New York und London. SWR2 Jazzredakteur Günther Huesmann hat sich durch einen Berg an Neuerscheinungen gehört und die spannendsten Platten für Sie herausgepickt.

Welche Künstlerinnen und Künstler machen derzeit von sich reden? Welche Produktionen sind besonders kreativ? Heraus gekommen sind zwölf Tonträger, die mit jedem mal Hören neu in ihren Bann ziehen.

Die Jazz-Neuerscheinungen des Jahres:

Die SWR2 Jazzplatten des Jahres 2019 (Foto: SWR, Outside in Music)
Die 18-köpfige Terraza Big Band erobert gerade New York im Sturm. Aus Studienzeiten kennen sich die Gründungsmitglieder, tauschten in Studenten-WGs Arrangements aus, taten sich mit befreundeten New Yorker Top-Solisten zusammen. Seitdem trifft sich die Spitzenformation jeden Donnerstag im New Yorker Club „Terraza 7“ in Queens. Ein Klangkörper der Extraklasse, der auf „One Day Wonder“ in seinen orchestralen Modern Jazz einen kräftigen Shot Latin-Expertise einfließen lässt. Bild in Detailansicht öffnen
Die SWR2 Jazzplatten des Jahres 2019 (Foto: SWR, Ropeadope Records)
Stolz und energisch wie kein anderer lässt der Jazztrompeter Christian Scott aTunde Adjuah sein Instrument triumphieren. „Ancestral Recall“ ist ein selbstbewusstes Bekenntnis zur afrikanischen Diaspora, eingespielt mit Perkussionisten aus Senegal, mit Hip-Hop-Poeten und Elektronik-Tüftlern, ungeheuer druckvoll gespielt und voller rhythmischer Finessen. Herausragend! Bild in Detailansicht öffnen
Die SWR2 Jazzplatten des Jahres 2019 (Foto: SWR, Edition Records)
Die britische Trompeterin Laura Jurd setzt auf dem Album „Stepping Back, Jumping In“ auf Komposition. Ihr 14-köpfiges Ensemble ist gleichermaßen im Feld des Jazz zuhause wie in der Neuen Musik. Extrem spannend komponiert Laura Jurd für Streichquartett, Banjo und indischen Santoor. Entstanden ist ein musikalisches Ökosystem, das einerseits formal große Balance hält und andererseits viel Raum lässt für Risiko und musikalische Überraschungen. Bild in Detailansicht öffnen
Die SWR2 Jazzplatten des Jahres 2019 (Foto: SWR, Verve)
Schon im vergangenen Jahr sorgte das John-Coltrane-Album „Both Directions At Once“ für Aufsehen. Auch 2019 gab es eine Veröffentlichung: „Blue World“ bietet bisher unveröffentlichtes Coltrane-Material: jene Aufnahmen, die der Altmeister und sein legendäres Quartett für den kanadischen Spielfilm „Le Chat Dans le Sac“ 1964 eingespielt haben. Schon der Opener der Platte, „Naima“, ist schlicht ergreifend. Bild in Detailansicht öffnen
Die SWR2 Jazzplatten des Jahres 2019 (Foto: SWR, Impulse!)
Die Jazz-Metropole London zeigt sich derzeit so kosmopolitisch und explosiv wie kein anderer Hotspot in Europa. The Comet Is Coming legen mit „Afterlife“ eine EP vor, auf der die grobe Magie von hypnotischen Riffs und Grooves regiert. Sun Ra trifft auf R2D2, Alice Coltrane auf Star Trek und aus einem Andromedanebel aus Synthesizer-Sounds, Elektro-Dub und elektronischen afrofuturistischen Fantasien erhebt sich Shabaka Hutchings mit dem Saxofon als Laser-Schwert. Heiß! Bild in Detailansicht öffnen
Die SWR2 Jazzplatten des Jahres 2019 (Foto: SWR, Skywalker Sound)
Die japanische Pianistin Hiromi zündet auf ihrem Solo-Album ein musikalisches Brillantfeuerwerk. Knallig bunt, frech, mit Noten, Melodien und Ideen, die länger in der Luft bleiben als herkömmliches Melodienkonfetti. Diese Frau kann großartig improvisieren, und sie hat eine Anschlagskultur, die auf feinste Subtilitäten Rücksicht nimmt. „Spectrum“ ist eine quirlige, fesselnde Reise durch den Farbenkreis in 88 Tasten. Bild in Detailansicht öffnen
Die SWR2 Jazzplatten des Jahres 2019 (Foto: SWR, Blue Note Records)
Die Vibrafon-Szene boomt. Immer mehr junge Spielerinnen und Spieler klopfen an, um das reiche Erbe von Gary Burton anzutreten, der sich zur Ruhe gesetzt hat. Der talentierteste unter ihnen ist der 24-jährige Joel Ross. Aufgewachsen in Chicago mischt er Jazz ideenreich mit Hip-Hop, Jazz und Pop. „Kingmaker“ ist heiße, swingende vorwärts gerichtete Improvisationskunst und das Debüt des Jahres! Bild in Detailansicht öffnen
Die SWR2 Jazzplatten des Jahres 2019 (Foto: SWR, ACT)
Europas Sopransaxofonist Nummer eins, Emile Parisien, kreiert mit seiner fantastisch aufeinander abgestimmten Band auf „Double Screeing“ einen Klangraum, der den Irrwitz der digitalen Welt nachstellt und das ganz ohne Laptop, Synthesizer oder Sampler. Das Quartett stellt sich den Hypertrophien der Algorhythmen mit den Mitteln einer voll akustisch auftrumpfenden Working Band. Manchmal hilft im Malstrom von Bits und Torrents eben die analoge Kommunikation. Bild in Detailansicht öffnen
Die SWR2 Jazzplatten des Jahres 2019 (Foto: SWR, Motéma Music)
Frida Kahlo hat die Saxofonistin Melissa Aldana zu ihrem Album „Visions” inspiriert. Aus dem Windschatten ihrer großen Vorbilder Sonny Rollins und Don Byas spielt sich die 31-jährige Chilenin virtuos heraus. Ihr kunstvolles Spiel mit vertrackten Metren und eindrucksvollen Saxofon-Linien setzt neue Standards. Unfassbar melodienstark ist ihr Solo im Track „Elsewhere“. Zu Recht hat ihr das gerade eine Grammy-Nominierung eingebracht in der Kategorie „Bestes improvisiertes Jazz-Solo“. Bild in Detailansicht öffnen
Die SWR2 Jazzplatten des Jahres 2019 (Foto: SWR, Miel Music)
Der in New York lebende puertorikanische Altsaxofonist Miguel Zenon hat ein ganzes Album mit Ismael-Rivera-Songs aufgenommen und neu interpretiert. Auf „Sonero – The Music of Ismael Rivera“ feiert das Miguel Zenon Quartett die Melodien und Rhythmen des legendären Sängers und verschiebt die Parameter der Latin-Musik in die Neuzeit: mit ungeraden Metren, harmonischen Abenteuern und Interaktionsreichtum. Bild in Detailansicht öffnen
Die SWR2 Jazzplatten des Jahres 2019 (Foto: SWR, ACT)
Keith Jarretts Erben schlafen nicht – und besonders glanzvoll startet dabei der Pianist Gwilym Simcock durch. Der Brite mit der Anschlagskultur eines Horowitz verneigt sich auf „Near And Now“ vor der Kunst großer Jazz-Pianokollegen - und bleibt doch in jeder Note er selbst. Der Mann, der aktuell im Pat Metheny Quartett die harmonischen Fäden zieht, brilliert mit einer überbordenden Erfindungsgabe. Bild in Detailansicht öffnen
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Günther Huesmann