Klassenkampf auf dem Tanzparkett: Funktionäre entwickeln den (sozialistischen) Lipsi als Alternative zum (kapitalistischen) Rock’n‘Roll.
Heute vor 61 Jahren, am 13. Januar 1959, präsentierte die DDR eine Alternative zum Rock'n'Roll aus Westdeutschland: Auf der ersten Tanzmusik-Konferenz im brandenburgischen Lauchhammer wurde der Lipsi vorgestellt. Der sozialistischen Führung in Ostdeutschland war die Begeisterung ihrer Jugend für den kapitalistischen Rock'n'Roll, Boogie-Woogie und Twist suspekt. Ein Paradebeispiel sozialistischer Nationalkultur.
In Leipzig entwickelt
Den ungewöhnlichen 6/4 Takt hatte der Komponist René Dubianski vorgegeben. Die Schrittfolgen lieferte das Tanzlehrer-Ehepaar Christa und Helmut Seifert. Alle drei stammten aus Leipzig.
Anständige Alternative
Die Devise: „anständig“ tanzen statt Halbstarkentum! Mit viel Propaganda-Aufwand versuchten die SED-Oberen, die Massen für den gesitteten Paartanz zu erwärmen:
Erfolgloser Tanz
Die rebellische Jugend auf Linie bringen, davon träumten Walter Ulbricht und Co. Doch der Funke sprang nicht über. Der Lipsi verschwand schon nach etwa einem Jahr wieder in der Mottenkiste.
1965 erscheint beim DDR-Label Amiga die erste Beatles-Platte. Zwar sträubt sich das Zentralkomitee auch in den folgenden Jahren nach Kräften gegen die Einflüsse der Beatmusik, aber komplett ließen sich die Westtänze nicht unterdrücken. Der Lipsi dagegen ist heute so gut wie vergessen.
Musikgespräch Opernregisseur Harry Kupfer: Eine Karriere zwischen Ost und West
Opernregisseur Harry Kupfer begann seine Karriere in den 50er-Jahren in der DDR. Produktionen führten ihn immer wieder in den Westen, doch wirklich gebraucht fühlte er sich von dem Publikum der DDR. Im SWR2 Musikgespräch mit Julia Neupert sprach er im Oktober 2019 über politische Botschaften in der Musik und sein Künstlerleben in der DDR.