Gespräch

Zum 80. Geburtstag: John Irving und wie er die Welt sieht

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INTERVIEW
Anja Höfer

Seinen Helden sind oft sympathische Außenseiter, die wörtlich und metaphorisch im Leben um viel ringen: „Garp und wie er die Welt sah“ wurde seine berühmteste Figur, es folgten viele andere in Romanen wie „Das Hotel New Hampshire“ oder „Gottes Werk und Teufels Beitrag“.

Der große US-amerikanische Autor John Irving feiert am 2. März seinen 80. Geburtstag. Der Literaturkritiker Hajo Steinert würdigt im Gespräch mit SWR2 das Werk des Autors und veranschaulicht dessen mitreißende Erzählungen.

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John Irving schildert das Leben in all seiner Absurdität

Legendär bekannt ist John Irving für seinen grotesken Humor, sein Maß an Tragik und seine Affinität zum Skurrilen. Seine Charaktere sind vielschichtig und eigenartig, mehr handelnd als grübelnd. Typisch für seine Figuren sei es, dass sie immer viele Figuren in sich einen, beschreibt Hajo Steinert den Stil des Autors.

„Mich interessiert das Vergehen der Zeit und was dieses für meine Figuren bewirkt.“

Dabei beinhalten alle seine Romane stets einen selbstironischen Wink sowie einen autobiographischen Zugang. So tauche etwa Irvings Hang zum Ringen immer wieder als Leitmotiv in seinen Romanen auf, da er selbst Ringer war, erzählt Steinert. Auch arbeitet er das Fehlen des eigenen Vaters, den er nie kennengelernt hat, häufig in seine Werke ein. So auch im Roman „Bis ich dich finde“, in dem sich der junge Protagonist mit seiner Mutter auf die Suche nach dem Vater durch ganz Europa macht.

Für Hajo Steinert ist John Irving mehr ein moralischer als ein politischer Autor

Obwohl sich John Irving klar demokratisch und liberal positioniert, ist er in Steinerts Augen kein politischer, sondern vielmehr ein moralischer Autor, der gesellschaftliche Entwicklungen literarisch begleitet. So schreibt er zum Beispiel in seinem Werk „Gottes Werk und Teufels Beitrag“ offen zum Thema Schwangerschaftsabbruch, was in den USA bis heute ein hochumstrittenes Thema ist. Auch Fragen zu binärer Geschlechterzuordnung, sexueller Identität und Doppelmoral ziehen sich durch sein Werk.

Für Hajo Steinert zeichnet John Irving genau das aus: Ein Gespür für gesellschaftliche und politische Themen zu haben, ohne sie voranzustellen oder auf sie zuzuschreiben.

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Anja Höfer