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„Schokoroboter und Deepfakes“ – Wie Kinder mit Künstlicher Intelligenz umgehen

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Bertram Schwarz

Künstliche Intelligenz, kurz KI, ist die Fähigkeit einer Maschine, menschliche Fähigkeiten wie logisches Denken, Lernen, Planen und Kreativität zu imitieren. Eine Technologie, die immer mehr unseren Alltag bestimmt. Das Tübinger AI Center, das Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz, hat nun einen Comic herausgebracht, der sich der Frage stellt, wie Kinder der Künstlichen Intelligenz gegenüberstehen und was sie sich von Technologie erhoffen.

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Wie stellen sich Kinder und Jugendliche Künstliche Intelligenz vor?

Rein äußerlich hat „Schokoroboter und Deepfakes“ Größe und Umfang eines dickeren Asterix-Bandes. Auf dem Cover reckt uns der Greifarm eines kastenartigen Roboters ein Stück Schokolade entgegen: Es ist die titelgebende Vorstellung eines Kindes, gefragt, wie es sich KI wünschen würde.

Das Team um Kristina Laube vom Tübinger AI Center, dem Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz und Herausgeber des Comics, hat zunächst 11-19-jährige Schülerinnen und Schüler befragt: Wie stellen sie sich eine KI vor? Wie sieht sie aus? Was für Assoziationen haben die jungen Leute überhaupt zum Thema KI? Ist es ein Roboter oder etwas völlig Abstraktes wie Zahlencodes?

 Bundesweit antworteten Schülerinnen und Schüler nach Aufrufen in den sozialen Medien. Zusätzlich haben Laube und ihr Team Schulklassen in Tübingen und dem sächsischen Grimma besucht, befragt und mit ihnen diskutiert. Aus dem gesammelten Material sind im Comic die Kapitel „Was Ihr wollt“, „Was Ihr nicht wollt“ und „Wie geht es weiter“ entstanden.

Schokoroboter und Deepfakes (Foto: Tübingen AI Center)
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Nele Konopka, Tübingen AI Center Bild in Detailansicht öffnen
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Angst vorm Abhören, aber der Optimismus überwiegt

Jeweils eine Doppelseite widmet sich einem Aspekt, etwa „Klüger werden“ oder „Beziehungen“. Dazu gibt es jeweils einen Erklärtext, Zitate von Jugendlichen in Sprechblasen, umgeben von bunten Figuren und Gegenständen, die um das Thema kreisen und auch das Unbehagen an der neuen Technik darstellen.  

„Tatsächlich haben sich viele darüber Gedanken gemacht, ob sie eigentlich abgehört werden von ihrem Handy“, berichtet Kristina Laube. „Eine Schülerin hat erzählt, sie ha sich mit ner Freundin darüber ausgetauscht, dass sie grad total Lust auf Mangos hätte und kurz darauf hat sie dann auf ihrem Instagram Kanal Edeka-Werbung von Mangos gezeigt bekommen.“

Kristina Laube sagt, dass trotz Kritik und Bedenken die positiven Äußerungen zu KI überwiegen:

„Es war eine ziemlich große Akzeptanz bei den meisten Schülerinnen und Schülern, auch ne KI als soziale Begleitung zuzulassen oder auch mehr in ihrem Leben integriert zu sehen.“

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Den Jugendlichen sei allerdings sehr wichtig, dass eine KI als solche erkennbar sein sollte und nicht zu menschlich werde. Roboter ohne menschenähnliches Gesicht, damit man tatsächlich noch unterscheiden kann, so Laube.

Laube hat die Erklärtexte geschrieben und die Berliner Comic-Essayistin Julia Schneider hat für ihre Texte, die die Grundlage der Zeichnungen sind, ebenfalls die gesamten Befragungsergebnisse ausgewertet. Dabei sei ein Wunsch immer ganz deutlich hervorgetreten, sagt Julia Schneider: „Die wollen nicht dümmer werden und sie wollen auch nicht fauler oder bequemer, aber sie hätten nichts dagegen, in Mathe und in Sprachen klüger zu werden. Das kam sehr deutlich raus.“

Schokoroboter und Deepfakes (Foto: Nele Konopka, Tübingen AI Center)
Nele Konopka, Tübingen AI Center

Figuren ohne Stereotype von Hautfarbe und Geschlecht

 Die Seite „Klüger werden“ ist besonders bunt und witzig geworden – ein Schülerkopf hat oben Schlitze, in denen Zettel mit der Aufschrift „Englische Grammatik“ und Algebra“ stecken, ein herrisches Computermännchen steht auf dem Schulheft eines bedröppelt blickenden Schülers. Graffitihafte Schöpfungen der Berliner Künstlerin Nele Konopka.  

„Das ist klar mein Zeichenstil“, so Konopka, „aber ich habe schon eigentlich eine eigene Sprache für diesen Comic verwendet und auch probiert, keine Stereotype darzustellen. Es sind einfach keine klaren Hautfarben zu sehen, keine klaren Gender. Es ist alles frei interpretierbar oder ich hab versucht, möglichst divers zu bleiben. Frei erfundene, bunte Gestalten.“

 Sie wolle „nicht nur hübsches Zeug machen“, sagt Konopka, sondern Denkanstöße geben. Das ist ihr mit Bildern wie dem von einer kritzeligen Katze, die deshalb von der KI nicht erkannt wird, gelungen. Oder dem kleinen Smartphone mit Augen, das unbemerkt zuhört. Und der ganz ausgeglichenen Waage, unter der steht: „KI ist per se weder gut noch schlecht für Euch“. 

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