Preis für deutschsprachige Lyrik

Judith Zander erhält den Peter-Huchel-Preis 2023

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Der diesjährige Peter-Huchel-Preis für deutschsprachige Lyrik geht an die 1980 in Anklam geborene und in Jüterbog lebende Lyrikerin Judith Zander.

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Die Jury würdigte in ihrer Sitzung am 27. und 28. Januar 2023 den bei dtv erschienenen Band „im ländchen sommer im winter zur see“ als herausragende Neuerscheinung des Jahres 2022. Der Peter-Huchel-Preis wird in diesem Jahr zum 40. Mal verliehen. Aus diesem Anlass haben die beiden Preisstifter, der Südwestrundfunk und das Land Baden-Württemberg, das Preisgeld von bisher 10.000 Euro auf 15.000 Euro erhöht.

Verliehen wurde der Preis am 3. April, dem Geburtstag Huchels, in Staufen im Breisgau.

Die Jury in ihrer Begründung:

„Judith Zanders Gedichtband „im ländchen sommer im winter zur see“ faltet in einem weiten literarischen Hallraum eine elegische Sprachlandschaft aus. In äußerst nuancierter Wortarbeit und mit hoher Musikalität schafft sie einen Raum für Erfahrungen des Ostens und übersetzt sie in eine allgemeine, kritische Reflexion von Erfüllung und Verlust. Ihr Band versammelt Liebes- und Naturgedichte, die immer auch in einem politischen Zusammenhang stehen. Sie spielt mit Sprachbildern, bricht verhärtete Redewendungen und stellt die damit einhergehenden Ordnungen infrage.“

Mein kompass zeigt immer noch
irgendwohin und der bodden wirft
mir den zander nicht weißgekocht
an land alles muss man
nach wie vor selber machen.

Der Peter-Huchel-Preis

Der vom Land Baden-Württemberg und dem Südwestrundfunk gestiftete Peter-Huchel-Preis für deutschsprachige Lyrik wird seit 1984 für ein herausragendes lyrisches Werk des vergangenen Jahres verliehen.

Der Preis erinnert an den Namensgeber Peter Huchel, den bedeutenden Lyriker und langjährigen Chefredakteur der Literaturzeitschrift „Sinn und Form“. Huchel starb am 30. April 1981 in Staufen im Breisgau.

Die unabhängige Jury besteht 2023 aus diesen Autor*innen, Literaturkritiker*innen und -Wissenschaftler*innen: Christian Metz, Angelika Overath, Lea Schneider, Brigitte Schwens-Harrant, Felix Stephan, Insa Wilke sowie den nicht-stimmberechtigten Vorsitzenden Andreas Schüle und Frank Hertweck.

Zu den bisherigen Preisträger*innen gehören u. a. Ernst Jandl, Durs Grünbein, Thomas Kling, Friederike Mayröcker und zuetzt Dinçer Güçyeter.

Dinçer Güçyeter erhält den Peter-Huchel-Preis 2022

Dinçer Güçyeter erhält den Peter-Huchel-Preis 2022 für deutschsprachige Lyrik. Ausgezeichnet wird er für seinen 2021 im Elif Verlag erschienenen Gedichtband „Mein Prinz, ich bin das Ghetto“.

Der diesjährige Peter-Huchel-Preis für deutschsprachige Lyrik geht an den in Nettetal lebenden Lyriker Dinçer Güçyeter.

Die Jury würdigte in ihrer Sitzung am 28. und 29. Januar 2022 den im Elif Verlag erschienenen Band „Mein Prinz, ich bin das Ghetto“ als herausragende Neuerscheinung des Jahres 2021.

ich gehe heute mit peter-huchel pommes essen. was für ein abenteuer… danke… im ghetto läuft die tanzmusik 😉 #peterhuchelpreis https://t.co/w9YwbGcBXW

Der Peter-Huchel-Preis 2021 an Marcel Bayer

Was für eine tolle Wort-Neuschöpfung: „Dämonenräumdienst“. Gleich tauchen vor dem inneren Auge städtische Angestellte in orange-farbenen Overalls auf, die man über eine Hotline herbeirufen kann. Aber gegen welche Art von Dämonen sollen diese Leute denn ausrücken?

Literatur Verleihung des Peter-Huchel-Preises 2021 und 2020 an Marcel Beyer und Henning Ziebritzki

Da eine öffentliche Verleihung auch 2021 nicht stattfinden kann, werden die Preisträger der beiden Jahre online mit einem Video-Programm gewürdigt.

„Die Bunkerkönigin“

Es können böse Geister sein: Todesängste, die das lyrische Ich befallen. Oder früh morgens am Schreibtisch der horror vacui vorm leeren Blatt, wenn es mit der Arbeit nicht recht vorwärts geht. Beklemmende Kindheitserinnerungen oder auch dunkle Schatten der Vergangenheit – wie in dem Langgedicht „Die Bunkerkönigin“ am Ende des Gedichtbandes:

„Hier hebe ich keinen mächtigen
Deckstein an, hier suche ich nicht
nach Grabbeigaben oder
nach Leichenschatten, ich lasse
Moorbrühe sprudeln in der
Kammer, auf den Gängen, lasse
die Bunkerlauge, den ewig
nachtropfenden Bunkerschweiß,
lasse das ganze faule Gebräu sich
mit Kriegs- und Nachkriegsdreck
vermengen, lasse Betondecken
Moorboden sein: Ich räume
auf vor meinem inneren Auge.“

Moshammer. Ein Wort wie Baggerblut

Doch Marcel Beyer bannt diese sehr unterschiedlichen Dämonen nicht nur in dunklen Dichterworten, sondern in vielen Gedichten auch mit reichlich Humor und Ironie.

Ganz unterschiedliche Figuren haben ihre Auftritte: ein Nachwuchskosmonaut, ein Pferde-Krimileser, Elfen aus dem Drogeriemarkt, Hildegard Knef oder der Münchner Modedesigner und Schickeria-Liebling Rudolph Moshammer mit seinem Hündchen namens Daisy:

„Moshammer. Ein Wort wie Baggerblut.
Der Name flößt Vertrauen ein.
So möchte man heißen. Doch du
heißt Daisy und läßt dich leicht durch
einen milden Münchner Abend tragen.“

Andere Perspektiven einnehmen, neue Blickwinkel suchen, das sieht Marcel Beyer als eine wichtige Aufgabe von Dichtern.

Marcel Beyer, geboren am 23. November 1965 in Tailfingen, wuchs in Kiel und Neuss auf. Er studierte Germanistik, Anglistik und Literaturwissenschaft an der Universität Siegen. Für sein Lyrik, Prosa und Essays umfassendes Werk wurde er vielfach ausgezeichnet, unter anderem 2008 mit dem Joseph-Breitbach-Preis und 2016 mit dem Georg-Büchner-Preis. Bis 1996 lebte Marcel Beyer in Köln, seitdem ist er in Dresden ansässig.

Begründung der Jury

„Marcel Beyers Gedichte sind Abenteuerexpeditionen in vertrautes Gelände, das plötzlich fremd und unheimlich erscheint. Elternhaus und Elvis, die Eindrücke der Kindheit, magische Begegnungen mit den Phänomenen der Popkultur und den Helden der Klatschspalten – all das wird in Beyers streng komponierten Gedichten aufgegriffen, in unerhörte Zusammenhänge gerückt, verfremdet und mit den Mitteln von Zitat, Collage, Komik und ironischer Brechung neu arrangiert.

Der Titel „Dämonenräumdienst“ ist dabei durchaus wörtlich zu nehmen. Hier werden die Geister der jüngeren deutschen Vergangenheit aufgerufen, um sie durcheinanderzuwirbeln und einer poetischen Choreographie zu unterwerfen: Aufräumarbeiten vor dem inneren Auge eines erfindungsreichen Dichters.“

SWR2 Literaturkritiker Carsten Otte über „Dämonenräumdienst“ von Marcel Beyer

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Der vom Land Baden-Württemberg und dem Südwestrundfunk gestiftete und mit 10.000 Euro dotierte Peter-Huchel-Preis für deutschsprachige Lyrik konnte coronabedingt zum zweiten Mal nicht öffentlich vergeben werden.

Die für die Doppelpreisverleihung am 21. Mai in Staufen im Breisgau vorgesehenen Lesungen und Dankreden der Preisträger Henning Ziebritzki und Marcel Beyer, die Laudationes sowie die Reden der Preis-Stifter finden sich als Videoproduktionen auf dieser Seite.

Gespräch Warum sich „schwere Lyrik“ lohnt – Antwort auf die Kritik an der Peter-Huchel-Preisträgerin

Auf der SWR Facebook Seite gab es in den vergangenen Tagen viel Kritik an der diesjährigen Peter-Huchel-Preisträgerin Judith Zander. DIE ZEIT fragte sogar: Muss denn neue Lyrik so schwer sein? Jury-Mitglied Insa Wilke erklärt, warum der Ärger zu kurz greift und es sich lohnt, moderne Gedichte zu lesen.

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