Auch wenn sie bereits auf prähistorischen Höhlenzeichnungen zu entdecken ist: Noch nie war Pornografie so leicht verfügbar wie heute – und ist deshalb so umstritten. Viele der Vorwürfe gegen Pornos und die dahinter stehende Industrie hält die Kulturwissenschaftlerin Madita Oeming für wenig faktenbasiert. Sie plädiert in einem neuen Buch für einen entspannteren Umgang mit dem Phänomen.
Im Gespräch mit SWR2 bezeichnet die Porno-Forscherin unsere Gegenwart als „Hoch-Zeit“ der Pornografie und gibt zugleich zu bedenken: „Der Markt hat sich wahnsinnig diversifiziert.“ Das bedeute: Für Wissenschaft wie Öffentlichkeit ergeben sich neue Herausforderungen und neue Ängste.
Die Angst vor der Bewertung
Pornografie konsumiere man meistens alleine, erklärt Oeming einen Teil der Tabuisierung des Phänomens. Außerdem sei Sexualität nach wie vor von Scham begleitet – vor allem wenn, wie in pornografischen Darstellungen, deren Extreme gezeigt würden. Viele Menschen hätten die Sorge, bewertet zu werden, wenn sie sich über Menge oder Art ihrer Sexualtätigkeit äußern. „Sie fragen sich: Bin ich normal, stimmt was nicht mit mir? Das halte ich tatsächlich für problematisch“, sagt Oeming. Denn das mache anfällig für alle Mythen rund um Pornografie.
Pornos weniger dramatisch sehen
Im Interview mit SWR2 berichtet Oeming, dass sie wegen ihrer Seminare zum Umgang mit Pornografie auch von AfD-Anhängern, rechten Gruppen und feministischen Kreisen Drohungen erhalten hat. Sie führt das vor allem auf fehlendes Wissen zurück: „Die Idee, die Menschen von Pornos haben, ist oft viel dramatischer als das, was sie wirklich sind und mit uns machen. Es kursieren so viele Dinge!“. Die wenigen evidenzbasierten Forschungen zu dem Thema hätten Ergebnisse erbracht, die alle öffentlichen Debatten eigentlich entspannen sollten, glaubt Oeming.
Plädoyer für Porno in den Schulen
Die Kulturwissenschaftlerin gesteht ein, dass für Menschen Sexualität weiterhin privat bleiben darf und wehrt sich dagegen, Pornografie mit Gewalttaten und Missbrauchsdarstellungen zu vermischen – was häufig geschehe. Forschungen zum Umgang von Jugendlichen mit Pornografie zeigten, dass diese „kompetent“ mit ihr umgehen. Sie plädiere daher dafür, in die Bildung zu investieren.
„Wir brauchen Porno-Kompetenz! Das Thema Porno gehört in die Schulen, wir brauchen sinnvolle sexuelle Bildung. Das bringt uns weiter – und nicht Verbote und Panik.“
Zeitwort 28.1.1975: In Deutschland wird Pornografie legalisiert
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Gespräch Kontrollverlust durch Pornosucht ist ein Massenphänomen
Eine zunehmende Zahl von Menschen in Deutschland habe keine Kontrolle mehr über das eigene Leben, auf Grund von zu viel Pornografiekonsum, erklärt Filmemacher Thomas Hauswald im Gespräch mit SWR2. Experten schätzen, dass bis zu 800.000 Menschen hierzulande süchtig nach Pornos sein könnten. In seinem Film „Pornoland Deutschland“ hat der Regisseur den vielschichtigen Problemen nachgespürt, die die Flut an Pornografie mit sich bringt. Behörden, Polizei und Politik hätten das Thema nicht nur verpennt, meint Hauswald, „sie sind sich überhaupt nicht bewusst, was da alles im Argen liegt.“
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7.1.1997 | Beate Uhse (25.10.1919 bis 16.7.2001) – der Name ist auch noch lange nach dem Tod der Unternehmerin eine Marke in der Erotik-Branche. Sie war eine der Pionierinnen in diesem Geschäft, nachdem sie ihre erste Karriere als Pilotin nicht weiterverfolgen konnte. 1948 verschickte sie ihre ersten Verhütungsratgeber, 1951 gründete sie ihr Versandhaus. Heute denken viele bei Beate Uhse vor allem an Pornografie und Sexshops, aber es gab auch Gründe, sie 1989 mit dem Bundesverdienstkreuz auszuzeichnen. In diesem Interview von 1997 spricht sie über ihre Jugend, über ihre Flucht am Ende des Krieges, über ihre Haltung zu Treue in Beziehungen und über vieles andere.