Kommentar

Neugründung des PEN Berlin: Darmstadt – die große Verliererin der PEN-Spaltung

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AUTOR/IN
Ludger Fittkau

Das deutsche PEN-Zentrum ist nun gespalten. Neben dem PEN mit Sitz in Darmstadt gibt es nun den PEN-Berlin. Eine Tragödie auch für die Stadt Darmstadt, die sich vom neuen PEN-Sitz im UNESCO-Weltkulturerbe Mathildenhöhe viel versprach.

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Für Darmstadt ist die Spaltung tragisch

Tragisch – auch für seine Stadt! So bezeichnet der Darmstädter Oberbürgermeister Jochen Partsch von den Grünen die Spaltung des Deutschen PEN-Zentrums.

Er sehe die heutige Neugründung des PEN Berlin mit großem Bedauern, versichert er SWR2 auf Nachfrage. Der Darmstädter OB hat Recht.

Noch vor kurzem hat die Stadt dem Deutschen PEN-Zentrum im Gebiet des UNESCO-Welterbes Mathildenhöhe mit einem erheblichen finanziellen Aufwand ein Haus frisch renoviert: mit Büros, Tagungsräumen und einem großen Garten im Welterbe-Areal.

Die Musik spielt ab heute beim PEN Berlin

Ganz in der Nähe hat die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung ihren Sitz. Die verleiht nicht nur alljährlich den Büchnerpreis, sondern veranstaltet auf der Mathildenhöhe auch regelmäßig Tagungen. Die Einbindung des Pen-Zentrums in das Welterbe- Veranstaltungsprogramm,das hatte sich die Stadt Darmstadt so schön vorgestellt.

Dieser Traum ist aus! Denn wer will nun noch mit dem PEN Darmstadt zusammenarbeiten, wenn ab heute die Musik beim PEN Berlin spielt? Die Neugründung in der Hauptstadt steht jetzt für Aufbruchsstimmung und das Versprechen einer neuen Diversität in der deutschsprachigen Landschaft der Schriftsteller*innen und Publizist*innen.

Mit Yücel an der Spitze ist Berlin im Vorteil

Der PEN Darmstadt bleibt nun zurück mit dem Makel, den wohl bisweilen ein wenig machohaften, aber politisch glaubwürdigen Deniz Yücel weggemobbt zu haben. Einen Mann, dem schon wegen eigener Repressionserfahrungen viel zuzutrauen ist, wenn es um ein entschiedenes Engagement für verfolgte Publizistinnen und Publizisten geht.

Um dieses zentrale Thema geht es nun beiden PEN-Vereinigungen – jener in Darmstadt und der neuen in Berlin. Der Darmstädter Oberbürgermeister Jochen Partsch argumentiert: der südhessische PEN bringe schon viel Erfahrung mit den vom Bund finanzierten Unterstützungsprogrammen für Schreiberinnen und Schreiber im Exil mit.

Doch mit einem Deniz Yücel an der Spitze, könnte es dem Berliner PEN schnell gelingen, bei Kulturstaatsministerin Claudia Roth erfolgreich Förderanträge für Schreibende im Exil zu stellen.

Eine trügerische Hoffnung

Darmstadt hofft ein wenig darauf, dass es dem PEN-Interimspräsidenten Josef Haslinger doch noch gelingen könnte, die endgültige Spaltung des deutschen PEN-Zentrums in zu verhindern. Wenigstens zu einer Kooperation zu kommen, von der verfolgte Schriftstellerinnen und Schriftsteller profitieren – wo auch immer sie untergebracht und betreut werden.

Diese Hoffnung wird aber wohl trügerisch bleiben. Der Hass und die Häme, die bei der PEN-Spaltungsversammlung in Gotha der Yücel-Fraktion öffentlich entgegenschlugen, trennt die Gruppen nun wohl für Jahre.

Das Tischtuch ist zerschnitten! Tragisch ist das in der Tat vor allem für Darmstadt. Die frisch gebackene Welterbe-Stadt ist der große kulturelle Verlierer dieses unerbittlichen Konfliktes. Es bleibt zu hoffen, dass nicht am Ende auch die verfolgten Schriftstellerinnen und Schriftsteller darunter leiden!

Gespräch Eva Menasse zum PEN Berlin: Aufbruchstimmung durch Gründung einer neuen Autorenvereinigung

„Es soll weniger hierarchisch und mehr paritätisch sein“, sagt die österreichische Autorin Eva Menasse zur anstehenden Gründung des PEN Berlin. „Im PEN-Zentrum Deutschland läuft seit einiger Zeit etwas schief“, so Menasse und es sei mit dem Rücktritt des Präsident Denis Yücel, eine „Aufbruchstimmung“ entstanden. Zusammen mit weiteren 233 Autoren will Yücel am kommenden Freitag das neue PEN gründen.

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