Autoren oder große Sprecher wie Christian Brückner lesen Klassiker der Weltliteratur, ausgezeichnete Bücher oder Romane der Stunde.
Hörbuch Altersweise: Urs Remond liest „Baumgartner“ von Paul Auster
Baumgartner sitzt immer noch fast jeden Tag an seinem Schreibtisch, obwohl er schon über 70 Jahre alt ist und als Professor emeritiert. Er ist allein, seit seine große Liebe Anna vor zehn Jahren bei einem Badeunfall ums Leben kam. Die Erinnerung an sie ist noch sehr lebendig, genauso wie die an seine Eltern oder kurze Szenen, die plötzlich wieder vor seinem inneren Auge auftauchen. Urs Remond liest die anspruchsvoll verschachtelten Sätze Paul Austers souverän und verleiht den Erinnerungen Baumgartners mit seiner markanten Stimme eine angenehme Atmosphäre.
Hörbuch Vertieft: Ulrich Noethen liest „Das späte Leben“ von Bernhard Schlink
Martin ist 76 Jahre alt, hat eine sehr viel jüngere Frau und einen kleinen Sohn, der im Sommer in die Schule kommen soll. Dann die Diagnose: Bauchspeicheldrüsenkrebs. Noch zwölf Wochen, in denen er das Leben noch wie gewohnt verbringen kann – damit rechnet Martin. Doch was mit dieser Zeit anfangen, was seinen Lieben mitgeben, welche Dinge klären? Bernhard Schlink hat ein zurückhaltendes Buch über den Tod geschrieben, dem Ulrich Noethen durch seine ruhige Lesung viel Raum und Tiefe verschafft.
Hörbuch Melancholisch: „Das Spucktütenlied“ von Nick Cave als Hörspiel von Kai Grehn
Auf Tour kreuz und quer durch Nordamerika mit seiner Band, den Bad Seeds. Unterwegs mit dem Flugzeug und immer Spucktüten in der Sitztasche vor sich. Auf diesen notiert Nick Cave alles Mögliche: Gedanken, Erinnerungen, Träume.
Kai Grehn hat daraus mit der Band Tarwater und den Schauspieler*innen Tilda Swinton, Alexander Fehling und Paula Beer eine dichte Wort-Musik-Collage gewebt, die einen hineinzieht in fremde und vertraute Fantasiewelten - mal erschreckend, mal tröstend und immer mit melancholischem Unterton.
Hörbar Fremd-vertraut: Johannes Nussbaum liest „Echtzeitalter“ von Tonio Schachinger
Till besucht das Marianum in Wien, eine Elite-Ganztagsschule, und landet auch noch in der Klasse vom Dolinar, dem wohl strengsten Lehrer der Schule. Die wenige Freizeit, die Till bleibt, verbringt er mit Computerspielen und träumt davon, damit eines Tages sein Geld zu verdienen. Diese beiden Welten, Schule und Gaming, vermag Tonio Schachinger in ein mitreißendes Verhältnis zu setzen, so dass wir Tills Werdegang interessiert verfolgen. Erst recht in der Lesung von Johannes Nussbaum, der dem Hörbuch das entsprechende Flair gibt.
Hörbuch Hingebungsvoll: Melanie Straub liest „Schnell leben“ von Brigitte Giraud
In diesem autofiktionalen Roman erinnert sich Brigitte Giraud an den Unfalltod ihres Mannes vor zwanzig Jahren. Seitdem haben sie die Fragen nicht losgelassen, unter welchen Bedingungen dieses tragische Ereignis hätte verhindert werden können. Jede ihrer „Wenn…, dann…“-Überlegungen erörtert sie in einem eigenen Kapitel – schonungslos, ehrlich, literarisch verdichtet. Melanie Straub gibt dem Text mit ihrer Stimme eine wohltuende Ruhe. So bleibt genug Raum für Trauer und Liebe, die auch nach all den Jahren immer noch präsent sind.
Hörbuch Magisch: Julian Greis liest „Adam und die Jagd nach der zerbrochenen Zeit“ von G.Z. Schmidt
Der 12-jährige Adam findet auf dem Dachboden eine sonderbare Schneekugel: Wenn er sie schüttelt, versetzt sie ihn in die Vergangenheit und bringt ihn auch wieder zurück. Bei seinen Reisen treibt ihn vor allem eine Frage um: Wenn es Zeitreisen gibt, wieso passieren dann immer noch schlimme Dinge auf der Welt? Julian Greis liest die spannende Geschichte mit großer Spielfreude und erschafft mit seiner Stimme für jede Szene die passende Atmosphäre.
Hörbuch Eindringlich: Eray von Egilmez liest „Vatermal“ von Necati Öziri
Arda kann sich an seinen Vater kaum erinnern. Er war noch klein, als dieser die Familie verließ, um in die Türkei zurückzugehen. Nun, als schwerkranker junger Mann, schreibt er seine Erinnerungen auf, um den Vater nicht aus seiner Verantwortung zu entlassen und um ihm zu zeigen, wie sehr sie zu kämpfen hatten. Eray von Egilmez liest diese Geschichte mit einem eindringlichen Rhythmus, Tiefgang und einer guten Portion Humor.
Hörbuch Nachhaltig: Torben Kessler liest „Tasmanien“ von Paolo Giordano
Der Autor und Journalist Paolo erfährt, dass er nie Vater werden wird. Diese Krise ist für ihn der Auslöser, sich intensiv mit anderen Krisen dieser Welt zu beschäftigen. Obwohl er in seinem eigenen Leben strauchelt, ist er für andere ein verlässlicher Ansprechpartner. Paolo Giordano gibt dieser Geschichte einen ruhigen Erzählfluss, den Torben Kessler perfekt aufgreift. So bietet „Tasmanien“ zwar keine großen Überraschungen, aber viele nachhaltig wirkende Bilder und Gedanken.
Hörbuch Überzeugend: Edith Stehfest liest „Mein Papa, die Unglücksspiele und ich“ von Gundi Herget
Glücksspiele – das hat nichts mit „Mensch ärgere dich nicht“ oder „Memory“ zu tun, das lernt Alina, als ihre Mutter ihren Papa eines Tages vor die Tür setzt. So schockiert Alina zunächst ist, begreift sie doch, dass das nötig war. Zumindest, als ihr endlich jemand erklärt, was eigentlich los ist. Das Hörbuch, mit kindlich überzeugender Stimme von Edith Stehfest gelesen, erklärt das Thema Glücksspielsucht einfach und doch ohne zu beschönigen. Ein überzeugendes Plädoyer dafür, Kindern Probleme nicht zu verheimlichen.
Hörbuch Zauberhafte Vielfalt: „Märchenland für alle“
Was passiert eigentlich, wenn man Märchen so erzählt, dass auch Menschen vorkommen, die nicht den typischen Bildern entsprechen? Es entstehen neue Märchen. Märchen, die immer noch bekannte Elemente haben und trotzdem überraschen. Gesprochen von einem hochkarätigen Ensemble mit Annette Frier, Jasmin Shaudeen, Markus J. Bachmann u.v.a. entsteht so eine besondere Sammlung von Geschichten, deren Ziel nur eins sein kann: Mit den bekannten Märchen erzählt zu werden, damit sie eben nichts Besonderes mehr sind.
Hörbuch Überzeugend: Lea Streisand liest „Hufeland, Ecke Bötzow“
Über die Wende ist viel geschrieben worden – selten aber aus Kindersicht. Franzi ist ungefähr zehn, als die Mauer fällt und sich ihre Welt komplett verändert: Einerseits muss sie nicht mehr aufpassen, was sie zu Hause sagen darf und was in der Schule, und sie kann Omilein besuchen - andererseits: wieso gibt es im Westen so viele Sorten Waschmittel und Leute, die auf der Straße leben? Lea Streisand lässt ihre Protagonistin alles sehr genau beobachten und wortreich kommentieren. Das ist ebenso unterhaltsam wie mitreißend, vorgetragen im Berliner Originalsound.
Hörbuch Anrührend: Gabriele Blum und Patrick Mölleken lesen „Vielleicht der schönste Sommer“ von Eleonore Holmgren
Britta ist sehr erstaunt, als sie Adam in ihrem Haus antrifft. Der junge Mann steckt bis über beide Ohren in Schwierigkeiten. Auch Britta hat es nicht leicht mit ihren 86 Jahren in dem noch älteren Haus. Die beiden raufen sich zusammen, aus der Zweckgemeinschaft wird Freundschaft, doch die findet nicht überall Anklang. Ein Hörbuch so heiter bis wolkig wie ein schwedischer Sommer, von Gabriele Blum und Patrick Mölleken vielschichtig und atmosphärisch interpretiert.