Egal ob wegweisende Karikaturen zu feministischen Themen oder zeitlose Kritik an den gesellschaftlichen Verhältnissen – Marie Marcks war eine eigensinnige und unangepasste Chronistin ihrer Zeit. Mit 92 Jahren ist Marie Marcks am 7. Dezember 2014 in Heidelberg verstorben. Zum 100. Geburtstag hat der Kunstmann Verlag jetzt eine zweibändige Gesamtausgabe der Werke von Marie Marcks veröffentlicht. „Die große Marie Marcks“, so der Titel.
Zeitlose Zeitkritik
Eine Zeichnung von Marie Marcks erschienen 1973 in der Süddeutschen Zeitung: Unter einem Sandhügel lugt ein leckgeschlagenes Fass hervor, sieht aus wie ein Dioxinfass, ist aber markiert mit einem Hakenkreuz. Darüber grasen zwei Karnickel und kommentieren das Ganze: „Mein Name ist Hase. Ich weiß von nichts.“
Ihre gezeichnete, immer noch zeitlose Zeitkritik hat auch Manches verändert. Marie Marcks bleibt die Chronistin der Emanzipation der Frau, hat die Mühen der Ebene auf den langen Weg dorthin stets kritisch begleitet.
Marie Marcks war in den 50er und 60er Jahren Provokation
Eine ihre Lieblingskarikaturen stammt aus dem Jahr 1990, der feministische Kommentar zu deutsch-deutschen Wiedervereinigung. Das Brandenburger Tor in Berlin, gestützt von Frauen als Säulen. Und obenauf die Quadriga. Ein Gespann nicht mit vier Pferden, sondern gezogen von vier Frauen. Zwei grinsende Herren halten die unsichtbaren Zügel und schwingen schwarz-rot-goldene Fahnen mit dem Spruch „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“.
Geboren in Berlin, aufgewachsen in Nazi-Deutschland – Marie Marcks, ein Mädchen, das früh gelernt hat „Nein“ zu sagen und frech zu sein. Nach dem Zweiten Weltkrieg war sie selbständige Grafikerin in Heidelberg.
Ihr Geld verdient sie mühsam mit Plakaten und Werbung. Für den Filmclub, die Jazzkneipe Cave und Studentenparties. Marie Marcks ist damals in den 50er und 60er Jahren eine Provokation.
Ihr Ärger über die Welt als Antrieb
Unverheiratet, alleinerziehende Mutter mit fünf Kindern von drei Vätern – eine mutige Angelegenheit. Weshalb Marie Marcks ihre Themen denn auch immer wieder in der eigenen Familie gefunden hat.
Ihr Ärger über die Welt, wie sie ist, war der beste Antrieb, um weiterzumachen. 100 Jahre wäre Marie Marcks heute – und das, was sie mit Feder, Tusche und Bleistift zu Papier gebracht hat, ist Grund genug ihr Lebenswerk in Erinnerung zu behalten.