Die Corona-Krise in Buchform
Lola Randl hat sich getraut: Sie hat versucht, die Corona-Zeit in Literatur zu packen. Im Prolog hofft sie, dass wir Lesenden ihres Buches bereits das Gröbste hinter uns haben werden.
Oder vielleicht auch nicht. Jedenfalls hätten wir, weil wir ja nun die Auswirkungen der Corona-Pandemie besser überblicken können, viel mehr Ahnung darüber als sie. Was sie aufschreibt, konzentriert sich auf die erste Zeit der Corona-Pandemie:
„Die Erzählerin möchte die Gelegenheit nutzen, um darauf hinzuweisen, dass alles, was Sie im Folgenden lesen werden, von ihr, also der Erzählerin, gehört, gelesen, erlebt oder ausgedacht worden ist. […] Es ist außerdem vielleicht der richtige Moment, darauf hinzuweisen, dass alles sowohl wahr als auch frei erfunden ist.“
A wie Abstand, V wie Verschwörung
Man muss sagen: Das Meiste, was nun auf etwa 200 Seiten wiedergeben wird, ist leider ziemlich genau das, was viele Menschen in Deutschland während der Corona-Wochen erlebt haben werden.
Auf den Prolog folgen über 170 Abschnitte mit kurzen Überschriften, die wie Schlagworte in einem Lexikon wirken: Von A wie Abstand, über I wie Isolation bis hin zu - man ahnt es - V wie Viren, Virologen oder Verschwörung.
Landflucht der Stadtmenschen
Der rote Faden in „Die Krone der Schöpfung“ ist das Leben der Erzählerin in einem Dorf. Wahrscheinlich die brandenburgische Uckermark, denn das ist auch die Gegend, in der die Autorin Lola Randl lebt.
Jedenfalls fühlen sich die Dorfbewohner zunächst sicher vor dem Virus. Doch als der Lockdown droht, fliehen die auf wenig Raum Lebenden aus der Stadt in ihre grünen Häuser auf dem Land:
„Die Supermarktbesitzerin hat es gleich gesagt und die an der Kasse auch. Ohne die aus der Stadt hätte der Virus es niemals hier hergeschafft. […] Jetzt, wo man in der Stadt eingesperrt war, die Schule und das Kulturangebot gestrichen, waren sie auf einmal alle da, mit ihrem scheißfreundlichen Grinsen […] Und mit ihnen, wenn man eins und eins zusammenzählte, natürlich auch das Virus.“
Wenn Lebenswelten aufeinander prallen
Wie die beiden Pole - also Stadtmenschen und Landmenschen - unter der verschärften Corona-Lebenslage aufeinander prallen, das gehört zu den interessantesten Beobachtungen der Erzählerin. So beziehen zum Beispiel Performance-Künstler aus der Großstadt das Haus einer Frau, die für unbestimmte Zeit ins Krankenhaus musste.
Ihrem Sohn kommt es gerade recht, wenn solange zwei wildfremde Männer das Haus seiner Mutter hüten können. Was passiert, wenn Stadtmenschen zeitgleich mit dem Virus ins Dorf einfallen?
Kippt die Stimmung?
Kommt es zu friedlicher Co-Existenz oder sogar zu hilfreichen Symbiosen? Oder kippt die Stimmung?
Das wie unter einem Mikroskop zu erforschen und zu zeigen hätte spannend sein können. Stattdessen zieht schlaglichtartig und recht trocken die Zeit der Pandemie wieder an einem vorbei.
Zombie-Szenen bieten Abwechslung
Ein wahres Schmankerl sind da die Szenen einer Zombie-Serie, die die Erzählern schreibt, um möglichst schnell Geld zu verdienen. Ihre Geschichte hat Splattereffekte, Feuerwerfer und Sex, also alles, was zu einer trashigen Zombie-Serie gehört:
„Scheiße, was war das denn? Sie hatten überall Verletzungen und waren voller dunkelbraunem Schmodder. Das musste mal Blut gewesen sein. Einem fehlten die Wangen und seine Zahnreihen waren bis hinten offen zu sehen. Die Typen kamen direkt auf sie zu. Sie drehte sich um und wollte in den Supermarkt fliehen, aber da packte sie einer der Kerle auch schon am Oberarm. „Gehirn….“, grunzte er.“
Eine Corona-Chronik ohne Pointe
Lola Randls Buch „Die Krone der Schöpfung“ ist das Leben in der Corona-Zeit in konzentrierter Buch-Form. Zusammen mit den Corona-Erfahrungsberichten der Erzählerin wirkt das fast ein bisschen wie ein Tagebuch.
Leider nur eines der Sorte, das ordentlich das Leben dokumentiert, aber die wirklich individuellen und interessanten Erfahrungen weglässt. Und so liest sich auch „Die Krone der Schöpfung“ wie eine Corona-Chronik, die leider so ohne Pointe ist, wie die Zeit, die hinter uns liegt.