Comic

Nacht in Berlin – Corto Maltese und die fatalen 20er-Jahre

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AUTOR/IN
Max Bauer

Fatale historische Realität trifft surreales Märchen: Mit ihrer grafischen 20er-Jahre-Revue um den Glücksritter Corto Maltese knüpfen die Autoren Juan Díaz Canales und Rubén Pellejero an das Werk von Schöpfer Hugo Pratt an. Im neuen Band „Nacht in Berlin“ trifft der Comic-Held auf Joseph Roth, Marlene Dietrich und Max Schmeling.

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Sein 16. Comic-Abenteuer führt Corto Maltese ins Berlin der 1920er-Jahre

Die Farben blutrot und tiefschwarz, so beginnt diese Comic-Geschichte. Mit Adolf Hitler auf der Theaterbühne, gespielt von einem Schauspieler, der ebenfalls Adolf heißt.

Berlin, 1924. Alle sind sie mit dabei, in dieser grafischen 20er-Jahre-Revue um den Glücksritter und Seemann Corto Maltese: Im Berliner Taumel trifft Corto den Autor Joseph Roth, Marlene Dietrich oder den Boxer Max Schmeling.

Die Rathenau-Mörder der Organisation Consul schmieden ihre faschistischen Pläne, während braune Horden die Demokratie bereits mit Knüppeln attackieren. 

Corto Maltese Band 16: Nacht in Berlin (Foto: Pressestelle, Verlag Schreiber&Leser)
Corto Maltese im Berlin der 1920er-Jahre: Im Ufa-Palast am Zoo läuft Murnaus Stummfilm „Der letzte Mann“

Grausame historische Realität trifft surreales Märchen

Das war schon das Rezept des Corto-Erfinders Hugo Pratt. Und die neuen Autoren Canales und Pellerjero knüpfen da an.

Ein esoterischer Geheimbund sucht eine alte Tarot-Karte, die „Karte des Narren“, und zugleich liefern sich Faschisten und Kommunisten einen tödlichen Wettlauf um eine Geheimakte.

"Viel Glück mit der Quadratur des Kreises!"

Die Quadratur des Kreises – an ihr versucht sich diese Corto-Neuauflage tatsächlich. Und natürlich kann sie nicht gelingen.

Es ist eine klug erzählte Story mit tollen graphischen Ideen. Aber die Zeit und die Verhältnisse, von denen sie handelt, die katastrophalen 1920er Jahre, bleiben sonderbar entrückt. Auf Distanz wie Cortos nächtlicher Schatten auf einer Hauswand. Abwesend wie der Held selbst.

Corto Maltese Band 16: Nacht in Berlin (Foto: Pressestelle, Verlag Schreiber&Leser)
Abstieg in die Halbwelt der Berliner Nachtklubs: Zeichner Rubén Pellejero setzt auf starke Kontraste, knalliges Rot und Tiefschwarz

Hugo Pratts zynischer Abenteurer handelt nun aus eigenem Antrieb

Schon in den alten Corto-Maltese-Abenteuern war das der Kniff von Hugo Pratt: Einzelgänger ohne politische Ideale, zynische Abenteurer bewegen sich quer zur großen Geschichte des 20. Jahrhunderts.

Doch gerade ihre moralische Gleichgültigkeit machte die Verhältnisse noch unheimlicher und die Geschichte zu einem dunklen endlosen Raum, fast wie das Weltall. 

Corto Maltese Band 16: Nacht in Berlin (Foto: Pressestelle, Verlag Schreiber&Leser)
Der neue Corto ist immer noch ein Reisender zwischen den Welten, aber er bleibt jetzt nicht mehr in der Schwebe.

Der neue Corto handelt und entscheidet sich. Ob als Rächer oder Stummfilm-Teufel, er tut nun etwas für andere. Und zwar nicht einfach, weil es im so gefällt. Sondern weil ihn etwas wirklich erschüttern hat: Der Tod nämlich, der Mord an seinem alten Freund Jeremiah Steiner, ehemals Professor an der Universität Prag.

Harte Zeiten für Zauberer, vor allem wenn sie Juden sind

Cortos Freund Jeremiah Steiner ist Jude, aber anders als der Politiker Walther Rathenau entkommt er seinen Mördern. Doch er muss seinen Tod vortäuschen, um vor der faschistischen Organisation Consul sicher zu sein. Von Berlin flieht er nach Prag und hat die Wahrheit im Gepäck, eine Geheimakte Walter Rathenaus. 

In solchen verworrenen, düsteren Zeiten kann auch ein Corto Maltese nicht auf Distanz gehen und sich in die Melancholie des einsamen Seemanns flüchten. Für Fans des alten Corto eine bittere Erfahrung.

Und am Ende vielleicht doch eine Stärke des neuen Bandes: Die surreale Reise Corto Malteses ins Berlin und Prag der 20er-Jahre kommt einem vielleicht deshalb so fremd vor, weil unseren 20er-Jahren den 1920ern so gefährlich ähnlich werden.

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