Platz 5 (50 Punkte)

Alain Claude Sulzer: Doppelleben

Stand

Der 1953 in Basel geborene Alain Claude Sulzer hat bereits in mehreren Romanen seine Fähigkeit zur eleganten Literarisierung historischer Biografien unter Beweis gestellt. So beispielswiese in seinem Roman „Postskriptum“, in dem er den (fiktiven) Schauspieler Lionel Kupfer in das legendäre Sils Maria schickte.

Nun hat Sulzer sich ein Brüderpaar vorgenommen, dessen Namen man vor allem darum kennt, weil der bedeutendste französische Literaturpreis nach ihm benannt ist: Edmont und Jules de Goncourt, geboren 1822 beziehungsweise 1830, waren ein Autorenduo, das gemeinsam in einem Haus lebte, dachte und schrieb.

Berühmt geworden sind die Goncourt-Brüder weniger aufgrund ihrer Romane als durch ihr Journal, das sie ab 1851 gemeinsam führten. Diese Bände, die Edmond nach dem Tod seines Bruders über 25 Jahre allein weiterführte und zu seinen Lebzeiten nur in stark bereinigter Form erschienen, stecken voll von Boshaftigkeiten, Klatsch und indiskreten Details über die Pariser Literatur- und Kulturszene. Alain Claude Sulzer ergänzt die bekannten und verbürgten biografischen Details mit fiktiven Geschichten, hauptsächlich jener um die Schwangerschaft der Haushälterin Rose.

Sulzer geht es nicht um die Skandale, nicht um die Indiskretionen, die die Tagebücher so berühmt gemacht haben; er wendet vielmehr die Perspektive – auf diese Weise gelingt ihm das Doppelporträt zweier symbiotisch miteinander verbundener Menschen und deren Innenleben, und das auf eine dem Goncourt’schen Schaffen gegenüber geradezu empathische und dezente Weise.

Stand
AUTOR/IN
SWR