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Mohsin Hamid: Der letzte weiße Mann

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Gregor Samsa lässt grüßen: „Eines Morgens wachte Anders, ein weißer Mann, auf und stellte fest, dass seine Haut sich unleugbar tiefbraun gefärbt hatte.“ Mit diesem Satz eröffnet Mohsin Hamid seinen Roman, der in einem großen Gedankenexperiment die Verhältnisse einfach einmal auf den Kopf stellt.

Anders wird nicht der Einzige bleiben, dem diese radikale Hautfarbenveränderung widerfährt: Immer mehr Weiße mutieren in einer namenlosen Stadt plötzlich zu dunkelhäutigen Menschen; Verschwörungstheorien werden aufgestellt, Unruhe kommt auf, mit weißen Menschen bestückte Bürgerwehren patrouillieren durch die Straßen.

Anders versucht, seine schwarze Haut zu verbergen, teils aus Scham, teils, um nicht Opfer eines Mobs zu werden. Doch eines Tages offenbart er sich seiner Freundin Oona, mit der er eine Affäre hat, und seinem schwerkranken Vater, der Anders mit einem Gewehr ausstattet. Hamid erklärt nichts und hinterfragt nichts. Anhand der Verwandlung seines Protagonisten arbeitet er verschiedene Erscheinungsformen von Rassismus heraus.

Der Autor, in Pakistan geboren, heute in London lebend, hat in einem Interview erzählt, dass sein Roman auch eigene Erfahrungen verarbeite, die er nach dem 11. September 2001 gemacht habe, als er noch als Unternehmensberater in New York lebte – das Gefühl, plötzlich im eigenen Land als Fremder, ja als Feind betrachtet zu werden. „Der letzte weiße Mann“ liefert einen Gegenentwurf dazu: Es ist auch die Vision einer Welt, in der die Hautfarbe dann irgendwann keine Rolle mehr spielt

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SWR