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Deesha Philyaw: Church Ladies

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In den USA hatte die in Florida geborene Deesha Philyaw sich bereits als Sachbuchautorin und Journalistin einen Namen gemacht, bevor sie mit ihrem 2020 erschienenen Erzählungsband „The Secret Lives of Church Ladies“ auch als Literatin nationale Bekanntheit erlangte. Einzelne der insgesamt neun Texte waren bereits in Anthologien oder Zeitschriften erschienen; die Autorin hatte den Stoff, wie sie im Interview erzählte, in persönlichen Gottesdienstbesuchen von Baptisten, Methodisten oder der Pfingstbewegung für sich entdeckt.

Immer geht es um das geradezu klassische Spannungsfeld von klerikalen Moralvorgaben, einem Leben nach Bibelgrundsätzen auf der einen und individuellen sexuellen Bedürfnissen auf der anderen Seite. Und von der Scham und den inneren Konflikten, die mit dieser Dichotomie von Glauben und Leben einhergehen. Vier Generationen von schwarzen Frauen nimmt Philyaw in ihren Erzählungen in den Blick und zeigt dabei auch die Friktionen innerhalb unterschiedlicher Generationen auf: Wer beugt sich den Vorgaben der Kirche, wer begehrt dagegen auf?

Wie komplex das Verhältnis schwarzer Frauen zu ihrem Glauben sein kann, demonstriert Philyaw am Fall eines lesbischen Verhältnisses, in dem eine der beiden Frauen tatsächlich nur auf den richtigen Mann wartet, mit dem sie dann eine von der Kirchengemeinde akzeptierte Ehe eingehen kann – um ein buchstäblich falsches Leben zu leben. Das sind die Facetten, die aufgefächert werden: Existenzen im Glauben, aber in Reibung mit dem Moralkodex.

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AUTOR/IN
SWR