Keine Floskel: Der Norweger Karl Ove Knausgård polarisiert die Literaturwelt. Für die einen hat er mit seiner sechsteiligen „Min kamp“-Reihe ein faszinierendes Universum erschaffen, in dem sich alles nur um ihn dreht. Die anderen waren von der rasenden Egomanie, mit der ein Mann sein eigenes Leben in Literatur verwandelt, eher gelangweilt oder gar abgestoßen. Danach hat Knausgård eine Tetralogie publiziert, die dem Rhythmus der Jahreszeiten folgte.
Und nun? Ein neuer Roman, wieder einmal 900 Seiten dick, das gehört zum Programm, und erneut der Auftakt einer Serie zusammengehörender Romane. „Der Morgenstern“ erzählt von einem eigentlich friedlichen Sommer in Norwegen, in dem allerdings die Dinge aus dem Gleichgewicht geraten sind. Das gilt für die Natur insgesamt, die Tiere und die Menschen.
Knausgård umkreist neun Figuren, einen Literaturprofessor, eine Pastorin, einen Journalisten, deren Leben aus dem Gleichgewicht geraten. Und am Himmel taucht ein bislang unbekannter Stern auf. Eine Verheißung? Und wenn ja, wofür?
Knausgårds Detailversessenheit, seine Archäologie des Alltags, fallen zusammen mit einem existentialistisch aufgeladenen Tonfall, in dem ein Unheil mitschwingt, das noch nicht benannt werden kann. Das Genre? Irgendwo zwischen Fantasy und hyperrealistischer Überhöhung. Ob die Apokalypse noch kommt? Wir werden sehen. Oder auch nicht.