Platz 8 (21 Punkte)

Dilek Güngör: Vater und ich

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Fast schon ein literarischer Trend: Autorinnen wie Deniz Ohde, Fatma Aydemir und eben auch Dilek Güngör schreiben in journalistischen und literarischen Formaten über ihr Leben als Kinder von türkischen Einwanderern nach Deutschland.

Ipek heißt die Ich-Erzählerin in Güngörs neuem Roman, und sie verbringt ein Wochenende gemeinsam mit ihrem Vater. Der ist seinerzeit den ärmlichen Verhältnissen in der Türkei entflohen und nach Deutschland gekommen, um hier ein wirtschaftlich stabiles Leben aufzubauen. Der Gedanke, eines Tages in die Türkei zurückzukehren, blieb stets im Hinterkopf.  Für Ipek hat sich nicht zuletzt aus dieser Haltung ein Zugehörigkeitsproblem entwickelt. Sie möchte als Deutsche anerkannt werden, verleugnet sogar ihre türkischen Wurzeln. Doch nicht zuletzt der Alltagsrassismus, den die Eltern zu ignorieren versuchen, führt bei Ipek dazu, dass sie sich in Deutschland nicht wirklich heimisch fühlt.

Ipek gelingt bei allen Widrigkeiten ein beeindruckender Bildungssaufstieg; sie absolviert das Gymnasium, verlässt zum Studium das beschauliche Städtchen in Schwaben und wird erfolgreiche Journalistin in Berlin.

So innig das Verhältnis in Kindertagen, mittlerweile haben sich Vater und Tochter nur noch wenig zu sagen. Die Lebenswelten haben sich zu weit auseinanderentwickelt. Die Geschichten von der Heimat der Eltern wirken auf Ipek inzwischen wie eine fremde Folklore aus der Ferne. Es herrscht eine Sprachlosigkeit zwischen den beiden, die von unterschiedlichen Erwartungen und Missverständnissen geprägt ist. „Vater und ich“ ist ein Buch, das in einer einfachen und klaren Sprache von Scham und Fremdheit erzählt.

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SWR