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Sasha Marianna Salzmann: Im Menschen muss alles herrlich sein

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„Ausser sich“, der erste Roman der 1985 in Wolgograd geborenen Salzmann, war einer der größten Debüterfolge der vergangenen Jahre: Sie wurde sowohl mit dem „aspekte“- als auch mit dem Literaturpreis der Jürgen Ponto-Stiftung ausgezeichnet und stand darüber hinaus 2017 auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises. Kein Wunder, dass Salzmanns zweiter Roman mit großen Erwartungen empfangen wurde.

Das erste Großkapitel des Romans ist in den 1970er Jahren angesiedelt und erzählt eine Kindheit in der Sowjetunion. Lena wächst in Gorlowka auf, einer mittelgroßen Stadt, die heute in jenem Teil der Ukraine liegt, der von russischen Separatisten besetzt ist. Das Land ihrer Kindheit zerfällt, die Ressentiments gegenüber Leuten aus anderen, nunmehr ehemaligen Sowjetrepubliken nehmen zu und der Rassismus wird zum neuen Kitt der Gesellschaft.

Im zweiten Teil wechselt Salzmann die Erzählperspektive und orchestriert Stimmen, die Lenas Biografie umkreisen, allen voran ihre Tochter Edi. Salzmann verbindet die Erzählung von Migrantenbiografien mit der Identitätssuche nachfolgender Generationen.

Die seelischen und gesellschaftlichen Grenzerfahrungen ihrer Protagonistinnen stellt Salzmann in all ihren Widersprüchen präzise dar. Der Tonfall ist so distanziert wie empathisch, die Lebensläufe der sehnsüchtigen Heldinnen scheinen so vorherbestimmt wie offen zu sein.

Ein Familienroman und zugleich das scharf gestellte Porträt der späten Sowjetzeit.

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AUTOR/IN
SWR