Die deutsche Kolonialgeschichte ist ein über viele Jahrzehnte tabuisiertes und moralisch an andere Staaten delegiertes Thema, das seit einiger Zeit mit umso größerer Vehemenz öffentlich diskutiert wird. Die Journalistin, Kritikerin und Schriftstellerin Katharina Döbler greift den Stoff in ihrem zweiten Roman auf persönliche Art und Weise und angereichert mit autobiografischem Hintergrund auf.
Das Buch setzt ein mit einer Kindheitserinnerung der Erzählerin an ihre Großmutter Linette, die von den Soldaten redet und vom Krieg, die seltsame Gerichte kocht und die Familienschätze in einer exotischen Truhe aufbewahrt. Der Erzählimpuls wird dann folgendermaßen eingeführt:
Die exotische Welt, in die die Großmutter sich immer wieder hineindenkt, ist Neuguinea, und die Großeltern, angetrieben vom vitalen Großvater Johann, sind in voller Überzeugung und mit Eifer ausgezogen, um die Heiden im „Kaiser-Wilhelmsland“ im Nordosten der Insel zum christlichen Glauben zu bekehren.
Es war eine Mischung aus Frömmigkeit und Armut, die die Großeltern zu diesem Schritt bewog, und Döbler zeigt in ihrem Roman den kolonialistischen Geist als ein Zusammenspiel von Einzelentscheidungen und individuellen Beweggründen – und den damit verbundenen Schmerz, das Schweigen und die Auswirkungen auf eine Familie.