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Dana Grigorcea: Die nicht sterben

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Die Gespenster der Vergangenheit sind ein nicht nur in der Literatur oft bemühter Topos, der stets Gefahr läuft zu einem Allgemeinplatz zu werden, auf dem sich so gut wie alles verhandeln lässt.

Wenn dann aber jemand wie die 1979 in Bukarest geborene und seit vielen Jahren in der Schweiz lebende Dana Grigorcea die Puppen auf so reflektierte und zugleich unterhaltsame Weise tanzen lässt, ist das tatsächlich beglückend.

Transsilvanien, der Schauplatz ihres Romans, ist ja ohnehin ein von Mythen und Schauergeschichten umstelltes Terrain. Und genau mit diesen Mythen spielt Grigorcea, ohne den Ernst der Gegenwart aus dem Blick zu verlieren.

Ein Vampir im Familiengrab

Die Ich-Erzählerin ist eine junge Malerin, die nach ihrem Kunststudium in Paris an den Ort zurückkehrt, an dem sie in ihrer Kindheit die Urlaube verbracht hat: Das mit Nippes und großbürgerlichen Insignien vollgestopfte Haus ihrer Großtante Margot war in kommunistischen Zeiten eine selige Insel der Dekadenz. Nun hat das Haus seine besten Zeiten hinter sich, und alles fühlt sich vertraut und fremd zugleich an. Die Gegend ist dank korrupter Politiker von Bauruinen verschandelt, und dramatisch wird es, als in Margots Familiengruft eine frisch gepfählte Leiche und angeblich auch das Grab von Vlad III., dem sogenannten Pfähler, entdeckt wird, jenes Nationalheiligen also, der als Graf Dracula in die Literaturgeschichte einging.

Die Motive der Gier und des gegenseitigen Aussaugens ziehen sich durch diese schauerromantisch aufgeladene Groteske, in der die Vergangenheit und die Gegenwart kunstvoll und hochkomisch ineinander verwirbelt sind.

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AUTOR/IN
SWR